Autor: Peter Haas, Special Application Coordinator, Industrial Vacuum Solutions, Nilfisk GmbH
Die additive Fertigung, insbesondere der Metall-3D-Druck, hat sich in den vergangenen Jahren von einer vielversprechenden Technologie zu einem ernstzunehmenden Bestandteil der industriellen Produktion entwickelt. Die Feinstäube, die hier entstehen, können jedoch nicht nur ein hohes Gesundheitsrisiko für die Belegschaft darstellen. Liegen Materialien wie Aluminium, Magnesium oder Titanium in einem hohen Reinheitsgrad vor, handelt es sich um brennbare sowie explosionsfördernde Substanzen. Deren Aufnahme, Inertisierung und Entsorgung sind streng genormt.
Deshalb beschäftigt sich der zweite Teil der Nilfisk-Expertenserie darum, wie Unternehmen der produzierenden Industrie professionelle Absaugtechnik einsetzen können, um die gefährlichen Materialien aufzunehmen. Der Schwerpunkt liegt außerdem auf der ATEX-Produktionsrichtlinie sowie auf nicht klassifizierten ACD-Anwendungen.
Fertigungsbegleitende Stäube entstehen vor allem in Marktsegmenten, die moderne Metall-3D-Druck-Technologien einsetzen. Das laserbasierte Fertigungsverfahren, auch unter dem Begriff „additive Manufacturing” bekannt, ermöglicht nicht nur den effizienten Modell- und Prototypenbau, sondern hat auch in der Kleinserienfertigung seine Heimat. Gerade wenn es darum geht, geringe Stückzahlen mit komplexen Geometrien und inneren Strukturen effizient zu produzieren, haben additive Technologie im Vergleich zur subtraktiven Produktion – etwa CNC-Verfahren – die Nase vorn, da sie die Ressourceneffizienz erhöhen und gleichzeitig Materialabfälle minimieren. In der Praxisanwendung nutzt beispielsweise die Medizintechnik den Metall-3D-Druck zur Herstellung von Titaniumteilen für Prothesen. Auch die Automobilindustrie sowie die Luft- und Raumfahrt vertrauen auf das Prozedere in der Entwicklung, dem Prototypenbau oder der Serienfertigung von Leichtbauteilen aus Aluminium, Titanium oder auch Magnesium. Die Crux: Bei der Verarbeitung dieser Stoffe entstehen Pulverrückstände, die nicht nur ein hohes Gesundheitsrisiko gemäß der Staubklassen L, M und H darstellen (siehe Teil 1 der Expertenserie). Ihr brennbares und explosives Naturell ist zudem eine ernstzunehmende Gefahr für Mensch, Maschine und Produkt.
Neben dem Metall-3D-Druck birgt auch die Verarbeitung von Verbundwerkstoffen ein hohes Risiko im Umgang mit explosiven Stäuben. Ob in der Halbleitertechnik, der Windkraft- und Solar-Industrie oder Batterie-Fertigung im Automotive-Bereich – überall dort werden Verbindungen aus Metallen und Kunststoffen spanend verarbeitet, sodass entsprechend normierte Absauganlagen zur Aufnahme der brennbaren und gesundheitsschädlichen Stäube unerlässlich sind. Apropos E-Mobilität – diese weltweite Entwicklung stellt Zulieferketten grundsätzlich vor ganz neue Herausforderungen in puncto Sicherheit. Die Frage, warum sich Lithium-Batterien vermeintlich spontan entzünden, lässt sich oftmals auf geringste Verunreinigungen im Produktionsverlauf zurückführen. Der Einschluss eines winzigen Spans in einer Batteriezelle genügt, um einen schwerwiegenden Defekt zu erzeugen.
Sicherheitsfaktor ATEX-Richtlinie
Bei der Risikobeurteilung von Stäuben gilt es somit, mehrere Blickwinkel zu betrachten:
Bei der Analyse von Explosionsgefahr geht es weniger um das Einatmen der Teilchen als ganz allgemein um ihre Konzentration in der Raumluft. Besonders leicht entzündlich ist beispielsweise Aluminium. Als Klumpen oder Halbfertigprodukt ist es zwar äußerst stabil, in Staubform brennt der Rohstoff hingegen sehr schnell. Schuld daran ist die geringe Masse der Partikel. Sie verhindert die Wärmeverteilung, wodurch die Temperatur der Teilchen ansteigt, bis es zur Explosion kommt. Ähnlich instabil verhalten sich metallische Stäube aus Magnesium, Titan oder Zirkonium. Treten diese feinen Partikel in entsprechender Dichte auf, reicht schon eine kleine Zündquelle, etwa ein elektrostatischer Funke, um eine verheerende Explosion auszulösen. Grundsätzlich gilt: Je feiner der Staub, desto höher die Explosionsgefahr.
Im Zuge dessen bringt die ATEX-Richtlinie Transparenz in den Europäischen Wirtschaftsraum. Sie schreibt international vor, wie die Entfernung und Isolierung explosionsgefährlicher Stoffe zu erfolgen haben. Zahlreiche Arten potenziell explosiver Stäube werden als Anwendung in explosionsfähiger Atmosphäre (ATEX) eingestuft, sodass die entsprechende Sauger-Ausrüstung nach zusätzlichen und sehr speziellen Anforderungen zertifiziert werden muss. Ein Auszug:
Besondere Bedeutung bei der Entfernung explosiver Stäube kommt der Zertifizierung der Absauganlagen gemäß der Zone 22 zu. Diese Zone lokalisiert einen physischen Bereich, in dem im Normalbetrieb eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre in Form einer Staub-Luft-Wolke normalerweise nicht oder nur kurzzeitig auftritt.
Achtung vor trickreichen Kombinationen
Fallen Stäube an, die sowohl explosionsfähig als auch gesundheitsgefährdend sind, muss der eingesetzte Industriesauger also den Anforderungen gemäß IEC/EN 60335-2-69 sowie den ATEX-Vorschriften 2014/34/EU gleichermaßen entsprechen. Damit nicht genug. Die DIN-Norm 1403 beschreibt darüber hinaus drei verschiedene Staubexplosionsklassen (St 1, St 2 und St 3), die das Risiko von Stäuben in industriellen Produktionsumgebungen weiter einstufen. Während Materialien der ersten Stufe nur geringe Gefahren mit sich bringen, beschreiben St 2 ein mittleres und St 3 eine hohes Explosionsrisiko. Je nach Stufe müssen die verwendeten Industriesauger weitere Aufnahme- und Entsorgungsvorschriften erfüllen.
Ein Beispiel: In einem Metall-3D-Druckprozess kommt Aluminiumpulver zum Einsatz. Das Material beschreibt sich als Staub der Klasse M sowie als leicht entzündliche, explosive Substanz. Vor diesem Hintergrund findet das additive Verfahren in einer vom Sicherheitsbeauftragten ausgewiesenen „ATEX-Zone 22“ statt. Die verwendete Absaugtechnik muss sowohl der Staubklasse M entsprechen als auch eine ATEX-Zertifizierung der Zone 22 vorweisen. Darüber hinaus besteht die Pflicht, den Entsorgungsvorgaben der St-3-Explosionsklasse zu entsprechen. Das bedeutet in diesem Fall den Einsatz eines speziellen Öl- bzw. Wasserbadsaugers zur Bindung der aufgenommenen Aluminium-Stäube. Für den Prozess der Inertisierung verfügen diese Maschinen über spezielle Tauchabscheiderbehälter, die das gefährliche Pulver sammeln und in Mineralöl oder Wasser eintauchen.
Was tun mit brennbaren Stäuben außerhalb geschützter ATEX-Zonen
Nachdem ATEX-Zonen derart strenge Vorgaben mit sich bringen, stellt sich die Frage, wer diese zu definieren hat? Dies geschieht im Zuge intensiver Begehungen der relevanten (Produktions)flächen durch den betrieblichen Sicherheitsbeauftragen ggf. mit einem Vertreter der BG Metall. Gemeinsam legen sie fest, in welchen Bereichen ATEX-Zonen anzulegen sind. Diese Areale gelten dann als „kassifizierte“ Zonen. Zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden die explosionsgefährdeten Unternehmensbereiche immer schärfer durch die Berufsgenossenschaft ausgewiesen. Doch Achtung: Es gibt auch Flächen, die nicht von dieser Klassifizierung betroffen sind, in welchen trotzdem mit brennbaren Stäuben gearbeitet wird. In diesen „nicht-klassifizierten“ Zonen genügt der Einsatz sogenannter ACD-konformer Sauganlagen mit antistatischem Zubehör (ACD: Appliance for Combustible Dust).
Wie geht es nun weiter im dritten Teil? Die komplexe Verkettung von Normen und Vorschriften stellt für viele Betriebe eine grundlegende Herausforderung dar. Verschärft wird diese Situation nicht nur aufgrund der Betonung der „Mensch-Zentriertheit“ im aktuellen Industrie-5.0-Diskurs. Automatisierte Produktionslinien verlangen hochintelligente Saugersysteme, die in Echtzeit interagieren und gleichzeitig alle Regularien erfüllen. So ist es nicht verwunderlich, dass externe Prüfgesellschaften zunehmend an Bedeutung gewinnen und bei den Anbietern die Spreu vom Weizen trennen. Dazu mehr im nächsten Teil der Nilfisk Expertenserie.
Den ersten Teil der Expertenserie finden Sie am Ende des Berichts ebenfalls zum Download sowie hier: https://www.nilfisk.com/de-de/professional/neuigkeiten-und-fachartikel/teil1-eine-revolution-die-in-der-industrie-50-ara-staub-aufwirbelt/
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Nilfisk GmbH in Bellenberg gehört zur Nilfisk A/S. Nilfisk A/S blickt auf eine 118-jährige Tradition zurück und zählt zu den weltweit größten Anbietern professioneller Reinigungstechnik mit einem Umsatz von 1033,6 Mio. EUR im Jahr 2023 und rund 4.700 Mitarbeitern. Es bestehen Produktionsstätten in Dänemark, Deutschland, Ungarn, Singapur, China, Italien, Mexiko und den USA. Über eigene Vertriebsniederlassungen und ein flächendeckendes Händlernetz ist das Unternehmen in über 100 Ländern der Welt und auf allen fünf Kontinenten vertreten.
Die Nilfisk GmbH bedient Kunden aus den Bereichen Landwirtschaft, Automotive, Gewerbe und Handwerk sowie Gebäudereinigung, Healthcare, Industrie, Institutionen und Handel. Die Produktpalette beinhaltet professionelle Hochdruckreiniger, Scheuersaugmaschinen, Kehrmaschinen, Kombinationsmaschinen (Kehren, Scheuern, Saugen), Einscheiben- und Poliermaschinen, Nass-/Trockensauger, Gewerbesauger und Sicherheitssauger.