Seit dem Jahr 2000 haben sich die Fälle von Arbeitsunfähigkeit aufgrund von psychischen Erkrankungen um 51 Prozent erhöht, die Zahl der Krankentage sogar um 62 Prozent. Während alle anderen Ursachen zurückgegangen sind, ist das Thema Burn-out in aller Munde. Aber handelt es sich tatsächlich um einen enormen Anstieg der Fälle, oder ist nur die gesellschaftliche Bereitschaft zur offenen Diskussion persönlicher psychologischer Leiden gewachsen? Beides stimmt, erfuhren die rund 40 Teilnehmer des Business Frühstück vom Bundesverband Mittelständischer Wirtschaft BVMW am gestrigen Dienstag. "Gesundheit ist nicht alles – aber ohne sie ist alles nichts!" war das Thema der Veranstaltung im Ulmer Theater. Neben weiteren statistischen Kennzahlen zu Gesundheit und Krankheitskosten in Deutschland erläuterte Timm Waber von der AOK Ulm-Biberach, welche vielfältigen Erkrankungen der Begriff Burn-out eigentlich beschreibt: Depressionen, Psychosen oder Depersonalisierung sind Folgen geistiger, emotionaler und körperlicher Erschöpfung. Psychotherapeutin Roswitha Birk-Becht erweiterte seinen Vortrag um die Erläuterung konkreter Symptome wie Apathie und "innere Kündigung" oder Aggressivität und Mobbing. Sie zeigte Möglichkeiten zum Umgang mit Stress und Vorbeugemaßnahmen auf und hatte auch Ratschläge für das Personalmanagement parat. Christina Bergmann vom Beratungsunternehmen CO3 Coaching, Consulting, Communication brachte die Präsentation schließlich mit Beispielen aus der Unternehmenspraxis auf den Punkt: Eine "Gesunde Führung", die auf einer entsprechenden Unternehmensphilosophie beruhe, sei langfristig zum Erhalt der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter unentbehrlich. "Jeder Einzelne muss jedoch auch eigenverantwortlich mit Stress umgehen lernen. Denn einige Ursachen für Burn-out sind nicht rein betrieblich bedingt, sondern entstehen durch die wachsenden Anforderungen im Alltag", so Bergmann.
Als "Gesunde Führung" bezeichnen die Experten ein ganzheitliches Management der "Ressource Mensch". Es geht um die strategische Berücksichtigung des Themas Gesundheit und der Schnittstelle Mensch-Mensch. Konkret müssen Mitarbeiter beispielsweise in richtigem Maße beruflich gefordert werden, sie sollten sich mit ihrer Tätigkeit und dem Unternehmen identifizieren können und Anerkennung erhalten sowie die Möglichkeit zur Vereinbarung ihrer privaten und beruflichen Interessen haben. "Betriebliches Gesundheitsmanagement ist nicht nur ein weiterer Rückenkurs, sondern Chefsache. Es muss in jede Führungstätigkeit integriert sein", betonte Christina Bergmann. Gemeinsam mit der Universität Ulm hat sie für Unternehmen praktikable Grundlagen für Management und Führungskräfte erarbeitet, welche die Steuerung von Verhalten und Beziehungen betreffen. Denn an diesen mangelt es, so stimmten die Anwesenden auf dem Business Frühstück überein. Ebenso fehlten Netzwerke außerhalb der Unternehmen, an die sich Führungskräfte mit ihre Fragen und Anliegen wenden können.
Viele große Firmen haben eigene Abteilungen, die das Thema Gesundheit im Unternehmen betreuen. Doch auch mittelständische Firmen mit geringeren finanziellen Ressourcen könnten etwas tun: "Es geht zunächst um einen internen Wertewandel und die Einbettung des Themas in die Unternehmensphilosophie", fasst Karl-Heinz Raguse vom BVMW zusammen. Anschließend müsse die Strategie kontinuierlich verfolgt werden, denn Erfolge würden sich erst langfristig einstellen. Verschiedene Aspekte machen die Notwendigkeit offensichtlich: Die Qualität der Zusammenarbeit in Teams leidet, wenn Mitarbeiter Burn-out haben, und auch die Arbeitssicherheit ist beeinträchtigt. Nach statistischen Angaben der AOK entstehen in Deutschland pro Jahr insgesamt ca. 258 Milliarden Euro Krankheitskosten. Hinzu kommen etwa 460 Millionen für Arbeitsunfähigkeitstage – was noch einmal 43 Milliarden Euro Kosten für Produktionsausfall bedeutet.
Die Experten auf dem Business Frühstück stimmten darin überein, dass die Verantwortung für die Prävention von Burn-out nicht allein bei den Arbeitgebern liegen könne. Zum einen, da sie betriebliche Ziele und Notwendigkeiten gerade bei der heutigen volatilen Wirtschaftslage in den Mittelpunkt stellen müssten. Zum anderen, weil der moderne Alltag in allen Bereichen von Schnelllebigkeit und Leistungsdruck geprägt ist. Damit müsse jeder Mensch lernen, sich selbst gesund zu führen, so das Fazit. Diese Verantwortung reicht von der Aneignung von Zeitmanagement- und Entspannungstechniken – bei denen Unternehmen ihre Arbeitnehmer unterstützen können – bis hin zu individuellen Zielformulierungen. Die grundlegenden Fragen "Wer bin ich? Was will ich? Wie erreiche ich es?" helfen dabei, Prioritäten zu setzen und die innere Balance nicht zu verlieren. Hinzu kommt das Wissen über die typischen Stadien von Burn-out und diese im Fall der Fälle nicht zu ignorieren.
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