Ein digitaler und KI-gestützter Begleiter, intelligente, responsive Lichtsteuerung gepaart mit digitaler Kunst, multifunktionale Stadtmöbel oder eine 360-Grad-Videoinstallation: Die Palette der Ideen, mit denen der „Angstraum“ Lederhof in Ulm deutlich attraktiver und angstfreier gestaltet werden könnte, war breit gefächert. Am Ende machten drei Vorschläge das Rennen, die nun von Dezember 2023 bis April 2024 erprobt werden - gefördert mit jeweils 20.000 Euro. Danach fällt die Entscheidung für die endgültige Lösung, die bis Ende 2024 umgesetzt werden soll. Dafür stehen im Rahmen der „Modellvorhaben Smart Cities“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen 100.000 Euro zur Verfügung. Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch sieht in solchen Innovationswettbewerben ein Zukunftsmodell: „Innovation ist die Lösung konkreter Probleme. Ganz wichtig ist dabei der interdisziplinäre Ansatz. Nur so gelingt es, Verwaltung, Start-ups, Bürgerschaft, Wirtschaft und kommunale Institutionen zusammenzubringen, um neue Lösungen für manchmal alte Probleme zu finden. Und das mit einem spielerischen Ansatz, der einfach Spaß macht. Und der auch auf ähnliche Problemstellungen in anderen Kommunen übertragbar ist.“
Der von den Projektpartnern citiysense und beebucket vorgestellte digitale Begleiter erfüllt die gleiche Funktion wie ein menschlicher Begleiter, allerdings rein digital und unterstützt durch künstliche Intelligenz, die ungewöhnliche Vorgänge im Areal erkennt. Beim Betreten eines Angstraums wie dem Ulmer Lederhof scannt die Person per App einen Barcode, wird von der Kamera erfasst und in ein „digitales Objekt“ verwandelt. Dabei werden keine Informationen erfasst, die Rückschlüsse auf die Person zulassen. Das digitale Objekt wird dann auf seinem Weg durch den Angstraum von Kameras verfolgt. Die künstliche Intelligenz ist dabei in der Lage, Anomalien wie einen Angriff oder auch eine Ohnmacht zu erkennen und einen Alarm auszulösen. Alternativ ist es auch möglich, laute Musik oder Stimmen abzuspielen. Aber auch die Person selbst kann über einen großen SOS-Button in der App um Hilfe rufen, wenn sie sich bedroht fühlt. Welche, die beste Lösung ist, gilt es mit den Anwender:innen zu erproben.
Der Vorschlag von IlULMination verbindet intelligente und responsive Beleuchtung mit digitaler Kunst. Konkret heißt dass, das eine Person die sich durch den Lederhof bewegt oder einen beliebigen anderen Angstraum von einem Lichtband begleitet wird und dies auf eine Art und Weise wie es der Situation angemessen ist.. Dem Problem der Lichtverschmutzung wird durch entsprechende Lichtfarben und -intensitäten entgegengewirkt, die bei den eingesetzten LEDs gezielt gesteuert werden können und vor allem dann leuchten, wenn sie gebraucht werden. Entlang der Wege könnten druckempfindliche Platten installiert werden, über die LED-Installationen gesteuert werden, die beispielsweise Wellenbewegungen simulieren und so für ein spielerisches Element für mehr Attraktivität sorgen. Ergänzt werden diese durch digitale Kunst, die z.B. über Bildschirme an verschiedenen Stellen im Lederhof dargestellt werden kann.
Das dritte ausgewählte Projekt ist das multifunktionale Stadtmöbel von greenovacity: Es ist begrünt, mit Bänken und Abfallbehältern ausgestattet, kann kühlen und wärmen und sensorgesteuert Umweltdaten sammeln sowie über PV-Module mit Energie versorgt werden. So entstehen Inseln in der Stadt, die die Aufenthaltsqualität nachhaltig verbessern, durch die extensive Begrünung die Artenvielfalt und die Luftreinhaltung unterstützen und über die intelligente Lichtsteuerung ideal in die Anforderungen des Areals eingebunden werden können.
Der vierte Wettbewerbsbeitrag „Ulm 360º“ der RMT Holding konnte sich am Ende nicht durchsetzen. Mit Hilfe von 360-Grad-Videowänden mit Soundsystem und TV-Server sollten innovative Videos zur Stadtgeschichte, zu Veranstaltungen wie dem Schwörmontag oder zu Persönlichkeiten mit Ulm-Bezug wie Albert Einstein oder den Geschwistern Scholl präsentiert werden. Die Idee dahinter: Je attraktiver Angsträume wie der Lederhof werden, desto mehr Menschen kommen und desto sicherer werden sie.
Bewertet wurden die Wettbewerbsbeiträge anhand einer differenzierten Vorlage mit einem Notenverfahren. In der Jury saßen:
Sebastian Schweitzer – SAN (Stadtentwicklung und Aufenthaltsqualität)
Klaus Linder – PBG (Parkhaus und Sicherheit)
Josef Röll – IHK (regionale Wirtschaft)
Ulrike Sautter – Wirtschaftsförderung
Antonia Scheible – SWU
Marianne v. Schwerin – THU
Im nächsten Schritt geht es nun darum, die Vielschichtigkeit der Aufgabenstellung zu verstehen, durch Funktionalitäten zu adressieren und die Stärken vernetzter Lösungen und übergreifender Zusammenarbeit zu nutzen.
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