Dauerbrenner im Pharmavertrieb bleibt das Thema AMNOG. Das wurde auch auf dem jüngsten MARVECS-Forum 2012 in Berlin erneut deutlich. Dabei bleibt der Eindruck erhalten, dass bei der Umsetzung des AMNOG nach wie vor ausschließlich die Kostensenkung im Fokus steht und weniger die tatsächliche Nutzenbewertung. Zweites Thema war das Spannungsfeld zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Dienstvertrag. Hier müssten Pharmaunternehmen seit der Novellierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) im Jahr 2011 vor der Entscheidung für den Einsatz eines externen Dienstleisters genau überlegen, welche Form der Zusammenarbeit die geeignetere sei, so das Fazit. Auch bei der Gestaltung der Verträge bringe die Novellierung des Gesetzes einige Änderungen mit sich, die noch nicht von allen Unternehmen beachtet würden.
AMNOG: Nutzenbewertung nach wie vor im Fokus
27 Wirkstoffe in 54 Patientenpopulationen wurden seit Start des AMNOG bis Ende Juni vom IQWIG bewertet. Bei keinem einzigen wurde ein erheblicher Mehrnutzen gegenüber der Vergleichstherapie festgestellt und nur bei 9 Patientenpopulationen ein beträchtlicher Mehrwert. Demgegenüber stehen 33 Bewertungen (61 Prozent), in denen kein Mehr an Nutzen attestiert wurde. Für Dr. med. Tim Husemann, Leiter Health Care Management & Contracting bei der MSD SHARP & DOHME GmbH, stellt sich daher die Frage, ob die neuen Produkte wirklich "so schlecht" sind oder der Prozess einer Optimierung bedarf, die den Nutzen für die Patienten besser herausarbeitet. Dabei sieht er sich als Freund der Nutzenbewertung für neue Medikamente und erkennt für die Pharmaindustrie eine echte Chance, langfristig ihr Image signifikant zu verbessern, weil die Diskussion um vermeintliche Mondpreise und Pseudoinnovationen mit dem AMNOG aufhört. Eine Nutzenbewertung, die neben dem medizinischen Outcome auch eine umfassende und objektive Analyse der Gesamtkosten der neuen versus alten Behandlungsoption inklusive aller Folgen zum Inhalt hat, würde eine noch bessere Diskussionsgrundlage bieten, wenn es um den Preis geht, schlussfolgerten die Teilnehmer. Bisher gehörte der deutsche Markt immer zu den Vorreitern, wenn es um die Einführung neuer Präparate ging. "Ich möchte gerne, dass dies so bleibt. Wenn ein Unternehmen für Präparate, die im Ausland als Innovationen deklariert werden, in Deutschland einen fehlenden bzw. fraglichen Mehrnutzen attestiert bekommen, Festbeträge das Maß der Dinge sind und Preise unter EU-Niveau eher Regel statt Ausnahme hilft das langfristig niemandem, zumal in Deutschland neu eingeführte Medikamente ohnehin beim Marktanteil im OECD-Vergleich schlecht abschneiden", so Husemann weiter. Er hält das ursprüngliche Reformziel, Preise am Zusatznutzen und den Preisen vergleichbarer EU-Länder auszurichten für berechtigt und es bedarf lediglich der Lösung einiger weniger offener Punkte. Dazu gehören die marktgerechte bzw. faire Auswahl der Vergleichstherapie und der Preisreferenzländer sowie die ohne weitere Gesetzesänderung umsetzbare Nichtveröffentlichung der Rabatte, um deutschen Patienten auch in Zukunft wirksame und bezahlbare Innovationen bereit zu stellen. Konsens und zugleich Zuversicht bestand in der Runde jedoch auch darüber, dass es noch etwas Zeit braucht, bis alles wirklich rund läuft.
Augen auf bei der Vertragsgestaltung
Peter Schindler, Geschäftsführer von Schindler + Döss – HR & Transformation – zeigte in seinem Vortrag auf, welche Fallstricke bei der Beauftragung externer Außendienste zu beachten sind. Denn seit der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im Jahr 2011 ist festgelegt, dass die Arbeitnehmerüberlassung einen "vorübergehenden" Charakter haben muss, es ist aber gesetzlich kein fester Zeitraum definiert worden. Entgegen anderslautender Interpretationen empfiehlt er in jedem Falle einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren im Vertrag festzuschreiben. Zudem müsse der Dienstleister in seinen Verträgen mit Entleihern und Mitarbeitern ebenfalls deutlich festlegen, dass diese nicht dauerhaft bei einem Entleiher eingesetzt werden. Für Schindler ist vor allem bei strategischen und umfangreichen Outsourcing-Projekten der Dienstvertrag die bessere Wahl, da die in einem externen Team eingesetzten Mitarbeiter rechtlich nicht als eigene Mitarbeiter zählen. Dies spiele besonders in Situationen, in denen ein Personalabbau geplant werde, eine wichtige Rolle, erläuterte der Experte. Allerdings sei in diesem Fall zu beachten, dass das Pharmaunternehmen gegenüber den externen Mitarbeitern keinerlei direkte Weisungsbefugnis mehr habe. "Ich empfehle, dieser Führungsherausforderung über genaue Prozessbeschreibungen, präzise Service Level Agreements und ein gemeinsames Steuerungsgremium zu begegnen", rät Peter Schindler.
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