Seit ihrem Inkrafttreten im Jahr 2000 sind die Bestimmungen zum Ausgleich der beruflichen Vorsorge bei Scheidung Gegenstand verbreiteter Kritik. Als Reaktion darauf hat der Bundesrat am 29. Mai 2013 den beiden Räten seine "Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Vorsorgeausgleich bei Scheidung)” unterbreitet. Der Ständerat hat sich bereits für die oben genannte Vorlage ausgesprochen und die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates scheint sie ebenfalls zu unterstützen. Es bleibt jedoch noch offen, ob die beiden Räte die Vorlage im Verlauf dieses Jahres gutheissen werden können und ob ein Inkrafttreten per 1. Januar 2016 nach wie vor realistisch ist. Die Vorsorgeeinrichtungen werden von dieser Gesetzesänderung stark betroffen sein. Werden sie genügend Zeit haben, um ihre Prozesse und ihre Verwaltungstools entsprechend anzupassen?
Vorsorgeausgleich bei Rentnern
Dies ist ohne Zweifel die wesentlichste Änderung, da sie sowohl die Versicherten als auch die Vorsorgeeinrichtungen betrifft. Von der angemessenen Entschädigung, auf die ausgleichberechtigte Ehegatten nach bisherigem Recht Anspruch haben konnten, wurde offensichtlich nicht ausreichend Gebrauch gemacht oder sie wurde ganz einfach nicht als angemessen erachtet. Neu sollen nun die Altersrenten geteilt werden. Die Pensionskasse des ausgleichverpflichteten Ehegatten ist dafür zuständig, die Altersrente ihres Versicherten zu teilen, und überweist den zugesprochenen Teil der Rente direkt dem berechtigten Ehegatten. Der zugesprochene Betrag hängt einerseits von der Dauer der Ehe vor der Pensionierung (Satz wird anhand einer Tabelle bestimmt) und andererseits von der Dauer der Ehe nach der Pensionierung (auf den Satz aus der Tabelle angewandter Zuschlag) ab. Damit wird eine neue Kategorie von Rentnern entstehen, die eine lebenslängliche Altersrente erhalten. Daraus ergibt sich allerdings keinerlei Anspruch auf Hinterlassenenleistungen im Todesfall. Die Vorsorgeeinrichtung des ausgleichverpflichteten Ehegatten muss daher weder der Pensionskasse des berechtigten Ehegatten noch dem berechtigten Ehegatten selbst irgendein Kapital auszahlen. Damit können Unstimmigkeiten zwischen dem von der einen Vorsorgeeinrichtung überwiesenen und dem bei der anderen Vorsorgeeinrichtung benötigten Betrag (aufgrund der unterschiedlichen technischen Grundlagen) vermieden werden. Für die Vorsorgeeinrichtung des ausgleichverpflichteten Ehegatten bedeutet es aber keineswegs ein neutraler Vorgang. Für die invaliden Versicherten beruht der Vorsorgeausgleich ebenfalls auf der Altersleistung, welche in diesem Fall dem gebildeten Sparkapital (auch "Theoretische Freizügigkeitsleistung”) entspricht.
Teilung des BVG-Anteils
Bisher enthielt der dem berechtigten Ehegatten überwiesene Betrag keine Angabe zum BVG-Anteil. Unter dem neuen Gesetz wären die Vorsorgeeinrichtungen nun dazu verpflichtet, den BVG-Anteil des überwiesenen Betrags anzugeben, wie sie dies bei der Überweisung der Freizügigkeitsleistung (FZL) bei Austritten bereits tun. Die Angabe des BVG-Anteils stellt für die Vorsorgeeinrichtungen keine grosse Herausforderung dar. Viel überraschender ist jedoch das Prinzip, wonach die teilweise oder vollständige Rückerstattung des überwiesenen Betrags (entspricht einer persönlichen Einlage) ebenfalls einen BVG-Anteil enthalten soll, ohne dass sich der Versicherte dessen bewusst ist. Unabhängig von der neuen Regelung bei Scheidung gelten künftig die Regelungen zur Angabe des BVG- Anteils und zum Einkauf desselben BVG-Anteils auch für WEF-Vorbezüge (Wohneigentumsförderung). Wie nach den neuen Bestimmungen bei Rückzahlungen von Vorbezügen, die unter dem bisherigen Recht getätigt wurden (ohne Angabe des BVG-Anteils), vorzugehen sein wird, ist zurzeit noch nicht bekannt.
Zeitpunkt des Vorsorgeausgleichs
Bisher war das Datum des Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsurteils der massgebende Zeitpunkt für die Berechnung des Vorsorgeausgleichs. Nach den revidierten Gesetzesbestimmungen ist im Prinzip neu der Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens vorgesehen. "Im Prinzip”, weil sich die Kommission für Rechtsfragen genau in diesem Punkt weder dem Bundesrat noch dem Ständerat anschliesst und das Scheidungsdatum als Referenzdatum aufrechterhalten möchte.
Besserer Schutz des berechtigten Ehegatten
Das heisst eigentlich "des nicht erwerbstätigen Ehegatten”! Nach den bisherigen Vorschriften ist es viel zu einfach, von der hälftigen Teilung der FZL abzusehen. Dies wird viel zu oft auf Kosten des nicht erwerbstätigen ausgleichberechtigten Ehegatten getan, der kein Altersguthaben bilden konnte. Auch das Prinzip der hälftigen Teilung soll mit dem revidierten Gesetz gefestigt werden. Obwohl das Gericht (aus wichtigen Gründen) eine solche Teilung nach wie vor verweigern kann, muss es sich künftig zum Inhalt der Scheidungskonvention äussern und besonders darauf achten, dass die Vorsorgebedürfnisse beider Ehegatten angemessen berücksichtigt werden. Dabei werden von den Vorsorgeeinrichtungen mehr Informationen angefordert als bisher (z.B. projizierte Altersrente und Invalidenrente zusätzlich zum während der Ehe gebildeten Altersguthaben). Darüber hinaus können sie dazu aufgefordert werden, sich zur Vorsorgesituation ihrer Versicherten zu äussern. Die vom Bundesrat vorgesehene Neuregelung möchte also zum einen das Prinzip der systematischen hälftigen Trennung der gebildeten FZL festigen (entspricht der von einigen geforderten strengeren Regelung). Zum andern will sie auch ermöglichen, dass von diesem Prinzip bei einem erheblichen Missverhältnis oder bei einer angemessenen Vereinbarung zwischen den Ehegatten abgesehen werden kann (entspricht der von anderen geforderten erhöhten Flexibilität).
Keine versteckten FZL mehr
Es kommt immer wieder vor, dass Ehegatten (mehr oder weniger bewusst!) vergessen, bei Freizügigkeitseinrichtungen vorhandene FZL anzugeben. Um sicherzustellen, dass künftig alle verfügbaren FZL für jeden Versicherten bekannt sind, müssen Vorsorge- und Freizügigkeitseinrichtungen nun jedes Jahr alle Versicherten melden, für die sie über eine FZL verfügen. Die Zentralstelle 2. Säule ist dafür zuständig, diese Informationen einzuholen und über die Versicherten mit einer verfügbaren FZL ein Register zu führen.
Zusammenfassend
Die Scheidung wird zum vollwertigen Vorsorgeereignis, da es aktive, invalide und pensionierte Versicherte betrifft. Beachtet man, dass das gebildete Vorsorgevermögen sehr häufig den grössten Anteil des Gesamtvermögens der Ehegatten darstellt, scheint es durchaus gerechtfertigt, dieses aufzuteilen. Unter Vorbehalt wichtiger Gründe, welche das Gericht dazu berechtigen, vom Prinzip der hälftigen Teilung abzusehen, wird der Vorsorgeausgleich unabhängig vom Güterstand der Ehegatten und allfälligen Unterhaltsleistungen abgewickelt. Mit dieser gerechteren Aufteilung werden auch die Aufgaben der Auffangeinrichtung und der Zentralstelle 2. Säule erweitert werden müssen. Dies ist jedoch nichts im Vergleich zu den Änderungen, welche die Vorsorgeeinrichtungen zuerst einführen und dann im Alltag umsetzen werden müssen. Sie werden zweifelsohne Mittel und Wege finden, um diese neue Herausforderung zu meistern; dies wird jedoch unausweichlich auch Mehrkosten verursachen. Die Vorsorgeeinrichtungen würden daher die Unterstützung derer schätzen, die ihnen neue Aufgaben anvertrauen, sie mit neuen administrativen Einschränkungen überhäufen und ihnen gleichzeitig eine zu kostenaufwändige Administration vorwerfen.
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