Mehr als 140 Experten aus Unternehmen der Energiewirtschaft, von Unternehmensberatungen und von IT-Anbietern trafen sich im November 2004 auf der VDEW/EDNA-Fachtagung "util:IT 2004" in Erfurt, die vom VWEW Energieverlag als Nachfolger der "EDMlive" organisiert worden war. Das Fazit: der umfassende Ansatz stimmt. Es wird künftig unumgänglich sein, auch im Energiemarkt die Kommunikation auf elektronischem Wege abzuwickeln – wie das in anderen Branchen längst die Regel ist.
Zum Motor für die weitergehende Automatisierung der Kommunikationsprozesse dürfte sich binnen kurzer Zeit die neue Regulierungsbehörde etablieren. Denn die Kommunikation mit der neuen Regulierungsbehörde wird in jedem Falle IT-basiert erfolgen. Und auch bei der Kommunikation der Marktteilnehmer untereinander setzt die Behörde eindeutig auf den elektronischen Datenaustausch. Das betonte Jörg Meyenborg, der sich als Referent Energieregulierung mit dem Thema Informationstechnologie befasst, in seinem Eröffnungsvortrag. Dabei begrüßte er ausdrücklich die Bemühungen der EDNA-Initiative, hier für eine marktübergreifende Interoperabilität der IT-Lösungen zu sorgen. Dass auch die SAP inzwischen entsprechende Gespräche mit der EDNA-Initiative aufgenommen hat, ist in seinen Augen eine weitere positive Entwicklung. Man sollte besser miteinander reden, als übereinander. Und wir werden den Standards, die von allen Marktteilnehmern einvernehmlich umgesetzt werden, sicher nicht im Wege stehen, so seine klare Aussage.
Deutlich wurde aber auch, dass die Regulierungsbehörde erst am Anfang ihrer Bemühungen steht. Offen blieb beispielsweise die Frage, welche Modelle sich für die IT-technische Umsetzung der Anforderungen des Unbundlings eignen - eine Frage, die derzeit in vielen Unternehmen der Energiewirtschaft heftig diskutiert wird. Im derzeitigen Stadium wird die RegTP keinerlei Aussagen machen, was die Einhaltung der Unbundling-Vorschriften durch einzelne IT-Lösungskonzepte angeht, so die knappe Antwort Meyenborgs auf diese Diskussion. Dabei hatte er durchaus Verständnis für die Dringlichkeit einer klärenden Antwort, ließ aber offen, wann die Regulierungsbehörde diese Antwort geben kann. Gleichzeitig betonte Meyenborg das Anliegen der Regulierungsbehörde, dass es in Sachen IT zu praxisgerechten und vor allem umsetzbaren Lösungen kommen soll: Die Regulierungsbehörde wird zum gegebenen Zeitpunkt den Dialog mit den Netzbetreibern suchen und Datenformatlösungen vorgeben, die nicht an der Praxis und am Markt vorbeigehen.
Dass es beim Thema "Elektronischer Datenaustausch" im Energiemarkt noch an vielen Ecken klemmt, machten die weiteren Referate deutlich. Nachholbedarf in Sachen Sicherheit und Verbindlichkeit erkannte beispielsweise Andreas Mitzkus von T-Systems in seinem Vortrag. Bei einem Aufkommen von insgesamt 2,5 Milliarden Nachrichten pro Jahr sei es höchste Zeit, die Ergebnisse der VDEW-Arbeitsgruppe "Sicherheit im elektronischen Datenaustausch" umzusetzen, die unter anderem den Aufbau einer "Public Key Infrastructure", kurz PKI, für die elektronische Kommunikation auch im Energiemarkt vorsieht.
Viele Unternehmen der Energiewirtschaft haben bereits begonnen, sich auf das elektronische Zeitalter im liberalisierten Markt vorzubereiten. Von positiven Erfahrungen berichtete beispielsweise Dr. Kurt Hunsänger von der Energieversorgung Offenbach EVO in seinem Vortrag "Der Beschaffungsprozess von der Zählerfernauslesung über die Prognose bis zum Portfoliomanagement". Durch die elektronische Abwicklung hätten sich hier zahlreiche Prozesse deutlich effizienter als bisher gestalten lassen. Aber auch in Bereichen, in denen bislang immer noch das Papier dominiert, konnten mit Hilfe der Informationstechnologie die Effizienz und zudem die Ergebnisse der Abläufe bereits verbessert werden. Das machte Andrea Haninger von der BMR Service GmbH deutlich. Der freie Anbieter, der mehr als 41.000 Landwirte mit seiner "LandEnergie" versorgt, setzt seit kurzem auch bei der Rechnungsprüfung auf die elektronische Verarbeitung. Die eingescannten Belege werden dabei über das Energielogistik-System automatisch verteilt und geprüft. Damit konnte nicht nur der Personalaufwand deutlich gesenkt werden. Auch die Transparenz in Sachen Netznutzungsentgelten wurde drastisch gesteigert, da problematische Rechnungen und Abschlagsforderungen nun schnell und zuverlässig erkannt werden.
Von derart positiven Erfahrungen berichteten auch andere Unternehmen. Beispielsweise Torsten Dorn von den Technischen Werken Friedrichshafen, die durch die elektronische Abwicklung des Zählerdatenmanagements und des Lieferantenwechsels heute diese komplexe Prozesse sehr viel besser im Griff haben als früher. Er machte auch deutlich, dass es hier ja nicht nur um den Daten-"Versand" geht, sondern um den Daten-"Austausch" - und damit nicht nur um den korrekten Aufbau der Datenformate, sondern um die korrekte Abwicklung aller Prozessschritte. Deswegen lobte er, wie schon andere Referenten vor ihm, die positiven Effekte des EDNA-Qualitätssiegels und das Zertifizierungsverfahren mit Hilfe der EDNA-Testmaschine. Denn die prüft tatsächlich, ob alle Prozessschritte korrekt abgewickelt werden. So mussten beispielsweise für das neue EDNA-Qualitätssiegel für den MSCONS-basierten Verbrauchsdatenaustausch, das erstmals auf der util:IT verliehen wurde, mehr als 600 Einzelszenarien durchlaufen werden, "Hier zeigt sich der Nutzen einer solchen Testmaschine. Denn es wäre für viele Unternehmen wenig wirtschaftlich, sich solch ein Testszenario nur für die eigene Softwareentwicklung aufzubauen. Und es wäre in dieser Qualität für ein einzelnes Unternehmen auch kaum möglich, denn in der EDNA-Testmaschine werden die Erfahrungen ganz unterschiedlicher Hersteller zusammengeführt, beschreibt Dr. Franz Hein, Koordinator der EDNA-Initiative einige der Vorteile. Das Beispiel MSCONS hat aber auch gezeigt, wie wichtig es ist, gegen eine Referenzanlage testen zu können. Denn obwohl MSCONS jetzt bereits seit rund fünf Jahren im praktischen Einsatz ist, hat sich bei den Tests gezeigt, dass dieser Standard immer noch nicht absolut eineindeutig definiert ist, so Dr. Franz Hein bei der Übergabe der EDNA-Qualitätssiegel. Die Ergebnisse und offenen Punkte seien deswegen bereits an den VDEW übermittelt worden, die zugesichert hätten, die Definitionen entsprechend zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen. Ohne eine Referenzanlage und ohne die beschriebenen Prüfungen sei die unerlässliche Interoperabilität nicht zu gewährleisten.
Autor: Uwe Pagel, exklusiv für Energie Spektrum 1-2/05