Anreizregulierung: Nur effiziente Prozesse sichern künftig die Marge
Optimierungspotenziale im Asset-Service, Energiedaten- und Informationsmanagement
Je effizienter die Prozesse im Unternehmen gestaltet werden, desto wettbewerbsfähiger ist es. Für die Unternehmen in der Energiewirtschaft gilt dieser Grundsatz in Zukunft doppelt. Denn mit der Anreizregulierung werden künftig u.a. Preisobergrenzen bei den Netznutzungsentgelten festgeschrieben werden. Und nur derjenige, der wirklich effizient arbeitet, kann dann noch seine Marge spürbar steigern. Derzeit wird die Anreizregulierung zwar erst vorbereitet. Doch es steht bereits fest, welche Folgen sie für die Unternehmen haben wird und wie sich die Unternehmen dagegen wappnen können.
Das Prinzip der Anreizregulierung ist einfach – und im Vergleich zu anderen Verfahren aufgrund der Planbarkeit durchaus vorzuziehen. Durch den Regulator (BNetzA) wird eine Kostenbasis mittels Festlegung einer individuellen Anfangsrendite festgesetzt. Das geschieht unter Berücksichtigung struktureller Kriterien, aber auch Kriterien wie die Versorgungsqualität oder die Wettbewerbsvielfalt spielen eine wichtige Rolle. Hinzu kommen die Festlegung der Regulierungsperiode (Zeitraum), der Benchmarking-Methode, eines Inflationspreisindexes sowie die Bestimmung des Produktivitätsfaktors. Dazu werden in der Praxis Gruppen vergleichbarer Netzbetreiber (Stadtwerke) gebildet, denen dann jeweils Preis- bzw. Erlösobergrenzen gesetzt werden. Diese so genannten "Price Caps" oder "Revenue Caps" werden dabei nicht nur für ein Jahr festgeschrieben, sondern für die Dauer einer Regulierungsperiode von zwei bis fünf Jahren. Es werden auch keine starren Grenzen festgelegt, sondern ein Entwicklungspfad, bei dem Preise und Erlöse über die Regulierungsperiode hinweg in der Regel nach unten gehen (siehe Abb. 1). Wichtig ist dabei, dass die individuelle Kostensituation bei der Festlegung der Caps keine Rolle spielt, sondern nur die Gesamtsicht in der Vergleichsgruppe. Deswegen müssen die betroffenen Unternehmen selbst dafür sorgen, dass ihr Kostenniveau nicht oberhalb der Grenze angesiedelt ist, denn sonst arbeiten sie in jedem Fall defizitär. Oder anders ausgedrückt: Die Unternehmen, denen es gelingt, ihre Kosten überdurchschnittlich zu senken, winkt auch eine überdurchschnittliche Marge.
Der offizielle Startschuss für die Einführung der Anreizregulierung fällt spätestens am 1. Juli 2006. Bis dahin, so § 112a, Abs. 1 des EnWG, muss die Bundesnetzagentur ihren Bericht zur Einführung der Anreizregulierung vorlegen. Dieser ist dann die Grundlage für das weitere Verfahren, das schließlich in einer Rechtsverordnung für die Umsetzung münden wird. Tatsächlich sind die Vorbereitungen jedoch schon längst getätigt. Denn um die Anreizregulierung umsetzen zu können, ist es nötig, Methoden zu entwickeln, mit der sich die Netzbetreiber vergleichen lassen, um so realistische Vergleichsgruppe für das Benchmarking bilden zu können. Schon jetzt sammelt die Bundesnetzagentur deswegen alle verfügbaren Informationen, um eine brauchbare Datenbasis für das Benchmarking aufzubauen. Das Verfahren soll dann unterschiedliche Gesichtspunkte berücksichtigen. Dazu gehören die bestehende Effizienz des jeweiligen Netzbetriebes ebenso wie objektive strukturelle Unterschiede oder die inflationsbereinigte gesamtwirtschaftliche Produktivitätsentwicklung. Aber auch die Versorgungsqualität und die dazu gehörigen Qualitätsvorgaben sollen berücksichtigt werden. All diese Faktoren können sich unterschiedlich auf die Festlegung der Caps auswirken. Fakt bleibt jedoch, dass es Obergrenzen geben wird. Und dass es nur über ein konsequentes Kostenmanagement möglich sein wird, die Marge im Netzbetrieb zu sichern. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist dabei der intelligente und vor allem integrierte Einsatz der Informationstechnologie.
Prozessoptimierung im Asset-Service
Im Netzbetrieb schlummern zahlreiche Rationalisierungspotenziale vor allem in den Abläufen der Instandhaltung, des Netzbaus und der Netzplanung. Dies erfordert ein integrierte Sicht auf alle relevanten Informationen. Das Problem: Die Systeme für Arbeits-/Auftragsplanung sind heute in vielen Unternehmen der Energiewirtschaft allenfalls über rudimentäre Schnittstellen mit den Anwendungen für Rechnungswesen, Abrechnung oder Controlling verbunden. Diese Trennung der Prozesse erzeugt nicht nur Reibungsverluste und Ineffizienz, auch der Aufwand für die Schnittstellenprogrammierung/-anpassung sowie die Datenpflege ist oftmals immens. Eine Lösung verspricht hier nur eine integrierte Abbildung aller Prozesse – vom Rechnungswesen über die Auftragssteuerung bis hin zum Techniker vor Ort.
Personelle Ressourcen, Material und Informationen in der erforderlichen Qualität und in ausreichender Menge zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zur Verfügung zu stellen, um so die jeweils kostengünstigste und effizienteste Abwicklung der Aufträge sicherzustellen – das muss das Ziel eines integrierten Netzbetriebs sein, der im Sinne der Anreizregulierung das Prädikat "Effizient" erhalten möchte. Dazu gilt es, sich die Abläufe eines Netzbetreibers einmal genauer anzuschauen.
Im Mittelpunkt aller Prozesse steht der Auftrag. In ihm laufen alle wichtigen Informationen zusammen. Ausgelöst wird dieser Auftrag zum Beispiel durch eine Kundenanfrage, eine geplante Investitions- beziehungsweise Wartungsmaßnahme oder eine ungeplante Störung. Es folgen die verschiedenen Planungsschritte, mit denen festgelegt wird, wer diesen Auftrag wie bearbeitet, welches Material benötigt wird und wann der Auftrag realisiert werden kann. In der Folge müssen Material beschafft oder aus dem Lager entnommen sowie die personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Um den Auftrag möglichst effizient abwickeln zu können, gilt es dann für Mitarbeiter vor Ort alle Informationen, die er benötigt, bereit zu stellen. Das beginnt bei der Auftragsnummer, geht über diverse Auskünfte zum Auftrag wie etwa Ansprechpartner, Adressen oder Objektinformationen und endet bei den geografischen Daten. Schließlich sollte er genau wissen, wo die Leitung liegt oder wie der neue Graben verlaufen soll. Ist der Auftrag erledigt, müssen die benötigten Zeiten und der Auftragsstatus übermittelt werden, damit diese Informationen dann in den weiterführenden Systemen verarbeitet werden können – von der Auftragsbearbeitung über die Lohn- und die Finanzbuchhaltung bis hin zu Material und Lager, der Fakturierung und dem Controlling.
Schon aus dieser sehr einfachen und allgemeinen Prozessbeschreibung eines Auftrags wird deutlich, dass es von der Sache her falsch ist, kaufmännische und technische Prozesse getrennt zu betrachten. Sämtliche Bereiche sind zu unterschiedlichen Zeitpunkten in den Prozess involviert. Würde man den Verlauf als Linie darstellen, so würde diese im "Zickzack" zwischen technischen und kaufmännischen Funktionen hin- und herspringen. Gleichzeitig verhindert die Integration informationelle Redundanzen oder Inkonsistenzen, Medien- und Systembrüche oder Prozessschleifen bzw. Rücksprünge.
Eine Lösung bringt hier die integrierte Abbildung der Prozesse. Denn auf diesem Weg verläuft der Informationsfluss ohne Reibungs- oder Streuverluste, und nur so kann auch der Mitarbeiter vor Ort effizient in seiner Arbeit unterstützt werden. Zum zentralen Steuerungsinstrument wird dabei die Arbeitsvorbereitung. Denn hier werden sämtliche Aufträge aus den Bereichen Instandhaltung, Instandsetzung und Investitionen geplant. Das Kernstück dieser Anwendung ist die Kapazitätsplanung, in der der gesamte Kapazitätsbedarf mit der zur Verfügung stehenden Kapazität abgeglichen wird. Man könnte sagen, dass diese Art Kapazitätsbilanz für den aktuellen Tag bis in die Zukunft hinein erstellt werden kann. Im Fokus steht dabei natürlich die optimale Auslastung aller, insbesondere der personellen Ressourcen. Schließlich liegt hier in der Regel auch der größte Kostenfaktor.
Die Integration der Prozesse von Arbeitsvorbereitung und Auftragssteuerung stellt darüber hinaus sicher, dass das Verhältnis von Aufwand und Ergebnis optimiert werden kann. Von der Finanzbuchhaltung über das Controlling bis hin zur Instandhaltung und zum Baumanagement werden so sämtliche Prozesse durchgängig und ohne Systembrüche abgebildet. Der "Auftrag" ist als zentrales Element in einem integrierten System jederzeit "online" ansprech- und auswertbar, sämtliche Kostenstellen und Konten werden zur Laufzeit be- oder entlastet. Willkommener Nebeneffekt: Auf diesem Weg ist auch die von der Bundesnetzagentur geforderte, vielmehr noch für das interne Controlling nötige und für die effiziente Selbststeuerung des Netzbetriebs gebrauchte Kostentransparenz gegeben, denn viele geforderten Informationen stehen tagesaktuell und "auf Knopfdruck" zur Verfügung.
Netznutzungsanalyen sorgen für Transparenz und Effizienz
Ein Netzbetreiber muss daran interessiert sein, den Leistungsanteil pro Netznutzer an der Gesamtleistung und pro Netzebene zu jeder Zeit zu kennen. Denn das ist die wesentliche Basisinformation, wenn es darum geht die Belastungen des Netzes und seiner Komponenten insgesamt im Auge zu behalten, um so die Investitionen in das Netz und seine Instandhaltung richtig steuern zu können. Schließlich geht es bei der Anreizregulierung nicht nur um eine Steigerung der Effizienz, vor allem die Versorgungsqualität soll gewahrt bleiben. Aus wirtschaftlichen Gründen ist es natürlich nicht möglich, für diese Zwecke bei jedem Netznutzer oder an jeder Netzkomponente einen Lastgangzähler zu installieren. Eine Lösung bieten hier jedoch Systeme für das Energiedatenmanagement oder die Energielogistik.
Untersuchungen bei einem Netzbetreiber mit städtischer und regionaler Struktur haben ergeben, dass die Verwendung von Standardlastprofilen (VDEW, eigene) und gemessenen oder geschätzten Periodenverbrauchswerten zur Berechnung bzw. Prognose der Lastgänge gute Resultate ergeben. Diese Informationen sind grundsätzlich im Energielogistik- bzw. EDM-System zu jedem Zählpunkt vorhanden. Werden nun dem Zählpunkt zusätzliche Netzinformationen wie Transformator, Leitungsabschnitt, Schalterstellungen etc. zugewiesen und mit entsprechenden Rechenalgorithmen verknüpft, können Teil- oder Summenlastgänge pro Netzkomponente, pro Netzabschnitt oder über ganze Netze berechnet und für die Betrachtungen zur Netznutzung verwendet werden.
Damit erhält man eine Informationsbasis, die nicht nur zur Kalkulation der Netznutzungsentgelte herangezogen werden kann. Sie bildet auch die Grundlage für weitere Berichte, z.B. nicht gelieferte Energien aufgrund von Netzunterbrüchen, wie sie die Bundesnetzagentur bereits heute von den Netzbetreibern einfordert. Diese Auswertungen liefern aber auch die Eingang¬größen für Betrachtungen in den Bereichen der Netzplanung, Instandhaltung sowie dem Risikomanagement verwendet werden. Auf diesem Wege sorgt ein intelligent eingesetztes EDM-System ebenfalls für Effizienzsteigerungen im Sinne der Anreizregulierung.
Integriertes Informationsmanagement
Letztlich benötigt ein Unternehmen, das sich auf die Anreizregulierung vorbereitet, eine integrierte Sicht auf alle nötigen Informationen. Und die flexible Möglichkeit, auch neue Sichten zu generieren. Denn nicht nur in der Kommunikation mit der Bundesnetzagentur werden die unterschiedlichsten Daten zur Netzstruktur, netzspezifische Daten oder Daten zur Last- und Absatzstruktur, genau so wie Informationen zur Kosten- und Erlössituation benötigt. All diese Informationen müssen aber auchzusammengeführt werden, um die richtigen Strategie für die Weiterentwicklung des Unternehmens aufzubauen und so langfristig die Position auf dem Energiemarkt zu halten und auszubauen. Regulierungsmanagement bedeutet also für die Energienetzbetreiber in erster Linie auch Informationsmanagement – nach innen ebenso wie nach außen zur Bundesnetzagentur.
Benötigt werden dafür Instrumente, mit denen diese Informationen aus den unterschiedlichsten Quellen gewonnen werden können. Und dies, ohne das für jede neue Auswertung erst einmal ein Programmierauftrag nötig wird. Der zuständige Sachbearbeiter muss in der Lage sein, selbstständig neue Sichten auf den Datenbestand zu generieren. Unternehmen, die sich schon heute offensiv auf die Anreizregulierung vorbereiten, sollten deswegen gerade auch diesem Aspekt die gebührende Aufmerksamkeit schenken. Denn ein effizientes Informationsmanagement ist letztlich die Voraussetzung für die effiziente Umsetzung aller Prozesse im Unternehmen und die langfristige Sicherung des Unternehmenserfolges.
Autoren: Uwe Pagel und Stefan Biesalski, Schleupen AG, exklusiv für e-m-w 01/06