DRK-Rettungswache Ulm: Architektur im Dienste der Notfall-Medizin
Eine Rettungswache ist ein Funktionsbau, eine Fahrzeughalle eine große Garage – Architekturpreise sind hier also eher nicht zu erwarten. Im Gegenteil, die entscheidende "Preisfrage" bei einem Neubau sind die Kosten. Dass sich bei aller Funktionalität und trotz Kostendruck auch architektonische Ansprüche sowie die Arbeitsatmosphäre für die Mitarbeiter berücksichtigen lassen, zeigt die neue Rettungswache des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Ulm.
Zugegeben, ein echtes Schnäppchen ist die neue Wache mit ihren Gesamtkosten von rund 2,5 Millionen Euro nicht. Trotzdem hatten die Schwaben die Baukosten stets fest im Blick, betont Ulms DRK-Geschäftsführer Guido Mayer: "Wir haben geschafft, was kaum einem Bauherrn gelingt – wir haben den Kostenrahmen nicht nur eingehalten, sondern sogar unterschritten." Doch was macht, neben den Kosten, den gelungenen Neubau einer Rettungswache aus? "Eine sinnvolle Raumaufteilung, kurze Wege und ausreichend Platz für die Mitarbeiter", meint Rettungsdienstleiter David Richter. Die ausführenden Architekten hingegen hatten noch ein weiteres Anliegen: "Der Rettungsdienst einer Stadt kann logischerweise nicht auf dem flachen Land untergebracht werden. Eine Wache ist damit nicht nur Funktionsbau, sondern auch Teil des eigenen Images in der öffentlichen Wahrnehmung", erklärt Marcus Wörtz vom Ulmer Architekturbüro Braunger Wörtz Architekten.
Am Ulmer Michelsberg entstand ein modernes Gebäude, das sich nicht nur durch ein optimales Raumkonzept auszeichnet, sondern auch architektonisch vorbildlich ist. Der von Braunger Wörtz Architekten entworfene Bau fügt sich – klar strukturiert und zurückhaltend – perfekt ins Stadtbild ein. Damit ist die neue Rettungswache mehr als ein reines Funktionsgebäude: Sie trägt in Ulm, wie beispielsweise die preisgekrönte "Neue Mitte”, ein Stück weit zu einer neuen Baukultur bei, welche die bauliche Umgebung mit einbezieht und respektiert. Der Gebäude-Komplex besteht aus einem schlichten, dreigeschossigen, rechteckigen Flachdachbau, ergänzt durch eine große Fahrzeughalle, die teilweise in den ausgehöhlten Fels des Michelsbergs hineinragt. Um das Grundstück optimal ausnutzen zu können, waren umfangreiche Vorarbeiten notwendig. Für das beauftragte Büro Braunger Wörtz Architekten stand bei der Planung indes nicht die Technik, sondern der Mensch im Mittelpunkt. Um die Bedürfnisse der Mitarbeiter bestmöglich zu berücksichtigen, wurden diese in die Planung mit eingebunden. "Unsere Konzeption orientierte sich zum einen an den Mitarbeitern, die optimale Arbeitsbedingungen vorfinden sollen – und zum anderen an den Patienten, die schnellstmöglich erreichbar sein müssen”, erklärt Architekt Marcus Wörtz. Ruhezonen für die 70 Rettungskräfte, eine gute Raumanordnung und hochwertige Materialien schaffen eine hohe Raumqualität und einen "Wohlfühl-Faktor”. Auf der anderen Seite sparen kurze Wege, eine intelligente Haustechnik und der zentrale Standort im Einsatz wertvolle Sekunden.
Zentraler Standort in der InnenstadtDie Planungsphase begann mit der Suche nach einem geeigneten Standort. "Die entscheidende Frage dabei war: Von welchem Standort aus können wir den größtmöglichen Teil der Bevölkerung schnellstmöglich versorgen?”, erläutert Rettungsdienstleiter David Richter. Die notwendige Nähe zur Innenstadt lag damit auf der Hand. Die Wahl fiel schließlich auf das Grundstück am Fuße des Michelsbergs, dem ehemaligen Standort des Baubetriebshofs. Ein zentrales, aber baulich schwieriges Grundstück, wie sich herausstellte: "Mitten auf dem Grundstück haben wir den Übergang von der weichen Molasse-Kiesschicht des Donautals zum Jura-Kalk der Schwäbischen Alb”, beschreibt Architekt Marcus Wörtz die Ausgangslage. Er spielt auf die schwierige Fundament-Legung an. Auf Grundlage eines geologischen Gutachtens löste das Team des Architekturbüros das planerische Problem schließlich. Die Fachleute kombinierten eine Felsgründung samt Hangsicherung am Fuße des Berges mit einer Pfahlgründung im straßenseitigen Bereich. Und der Architekten-Entwurf kehrte den vermeintlichen Nachteil in einen Vorteil um: Durch das Aushöhlen des Felses wurden mehrere hundert Quadratmeter Nutzfläche gewonnen. Die Fläche wird als Fahrzeughalle für das Abstellen der Krankentransport- und Rettungswagen genutzt. Der Vorzug der Fahrzeughalle ist, dass sie "im Fels” unterhalb der Frostschutzgrenze liegt. Somit konnte sie weitgehend ohne aufwändigen Wärmeschutz erstellt werden – als kostengünstiger Industriebau. Die hier eingesparten Kosten kamen dem Bürogebäude zu Gute. Es beherbergt die Verwaltungs-, Bereitschafts- und Sozialräume in den Obergeschossen sowie eine weitere, kleine Fahrzeughalle im Erdgeschoss.
Kurze Wege im Haus Die optimale Raumnutzung gilt nicht nur für die Fahrzeuge, sondern auch für die Arbeitsbereiche der Rettungskräfte. Dabei orientiert sich die räumliche Anordnung stets am Notfalleinsatz, damit eine schnellstmögliche Rettung gewährleistet ist. "Die Bereitschaftsräume haben wir hierfür räumlich in nächster Nähe zu den Fahrzeughallen angeordnet”, erklärt Architekt Marcus Wörtz. Als Verbindung dient ein zentraler Gang mit einem anschließenden Treppenhaus – für kürzestmögliche Wege. Zudem befinden sich auf dem Gang Druckknöpfe für die Tore der Fahrzeughalle, so dass diese bereits auf dem Weg zu den Fahrzeugen geöffnet werden können. Eine Lichtschranke sorgt zudem dafür, dass die Tore sich nicht aus Versehen wieder schließen, während die Fahrzeuge ausrücken. Und sämtliche Türen im Gebäude können mittels elekronischen Chip-Schlüsseln schnell entriegelt werden.
Ruheräume für die RettungskräfteIm ersten und zweiten Obergeschoss sind die Büro- und Sozialräume untergebracht. Bei der Konzeption der Innenräume haben das Team von Braunger Wörtz Architekten nicht nur an Funktionalität gedacht. In den Bereitschaftsräumen steht der Wohlfühl-Faktor im Vordergrund. "Die Rettungswache ist ein 24-Stunden-Gebäude. Hier verbringen die Mitarbeiter viel Zeit, bereiten sich auf den Dienst vor und erholen sich auch von schwierigen und belastenden Rettungseinsätzen”, erklärt Architekt Marcus Wörtz. "Deshalb haben wir Ruheräume mit Betten und weitere Rückzugsorte geschaffen, und auch die Inneneinrichtung ist darauf abgestimmt, dass sich die Mitarbeiter entspannen können.” Zu dieser Wohlfühl-Atmosphäre tragen viele Einrichtungskomponenten bei – von der bequemen Sitzecke mit Ledersesseln, über einen geschützten Innenhof bis hin zum großen Aufenthaltsraum mit angegliederter Küche.
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<Infokasten>Moderne Haustechnik und erneuerbare EnergiequellenDie DRK-Rettungswache ist mit modernster Haustechnik ausgestattet, die nicht nur den Arbeitsalltag der Rettungskräfte erleichtert, sondern auch für langfristig kalkulierbare Betriebskosten sorgt. Elektronische Systeme, wie die Tür-Schließanlagen, sowie die Fernbedienung und die Lichtschranke für die Tore der Fahrzeughallen beschleunigen die Abläufe im Notfall. Die Energieversorgung erfolgt über die Fernwärmeleitung der FUG, die weitgehend auf Biomasse und damit auf erneuerbare Energie setzt. Eine weitere regenerative Energiequelle befindet sich auf dem Dach der DRK-Rettungswache, in Form einer Photovoltaik-Anlage, welche die Sonnenenergie in Strom umwandelt und ins öffentliche Netz einspeist.
Für eine energieeffizente Verteilung und Nutzung der Wärme sorgt eine innovative Regelungstechnik. Die Räume werden, je nach Nutzung, über das programmierbare Regelsystem bedarfsgerecht beheizt. Die Temperatur jedes einzelnen Raumes kann, zum Beispiel für die Nachtabsenkung, individuell gesteuert werden. Zudem sind die Thermostat-Ventile mit speziellen Sensoren versehen, die beim Lüften nicht sofort für ein "Nachheizen” der Anlage sorgen, und damit Energie sparen helfen. Die Fahrzeughallen werden über Deckenstrahlplatten mittels Strahlungswärme temperiert – diese Technologie kommt mit relativ geringen Vorlauftemperaturen aus und trägt zusätzlich zu einem energieeffizienten Betrieb bei.
Daten und Fakten:- Grundstücksgröße: 2.599 Quadratmeter
- Flurstück in der Marchtaler Straße, Adresse umbenannt in "Stuttgarter Straße 1”
- Nutzfläche Fahrzeughallen: 785 Quadratmeter
- Nutzfläche Betriebsgebäude: 528 Quadratmeter
- Nutzfläche Rettungswache gesamt: 1313 Quadratmeter
- Betriebsgebäude:
o Arbeits-, Bereitschafts- und Aufenthaltsräume inklusive Küche
o Ruheräume
o Umkleide- und Sanitärräume
o Schulungsraum, Besprechnungsraum
o Büroräume
o Lager- und Technikräume
o Flure, Treppenhaus, Aufzug
Bautafel: - Bauherr: Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Ulm e.V., 89073 Ulm
- Entwurf und Planung: Braunger Wörtz Architekten, 89081 Ulm
- Statik: Ingenieurbüro Betz, 89608 Griesingen
- HLS Fachplanung: Ingenieurbüro ulma, 89079 Ulm
Weitere Informationen:Braunger Wörtz ArchitektenDipl.-Ing. (FH) Marcus Wörtz, Freier Architekt BDA BDB
Riedwiesenweg 8
89081 UlmTelefon 07 31 – 934098-0
Telefax 07 31 – 934098-16
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Braunger Wörtz ArchitektenDas 17-köpfige Team des Ulmer Architekturbüros Braunger Wörtz unter der Leitung der Architekten Berthold Braunger und Marcus Wörtz bietet ein breites Spektrum an Dienstleistungen im Rahmen der Entwurfsplanung, Auschreibung und Bauüberwachung. Neben Projekten im Wohn-, Büro-, Gewerbe- und Industriebau realisiert das Architekturbüro Bauvorhaben für die "öffentliche Hand” und im Bereich Innenarchitektur. Das Architekturbüro hat sich seit seiner Gründung im Jahr 2001 mit wegweisenden Bauvorhaben vor allem im süddeutschen Raum einen Namen gemacht und zahlreiche Preise gewonnen. Zu den wichtigsten Referenz-Projekten von Braunger Wörtz Architekten gehören das Medienhaus K42 Friedrichshafen, das Stadtregal Ulm, die Erweiterung des Airbus-Werkes in Laupheim, das Seniorenzentrum Erbach, Studentenwohnheim Wiley-Campus in Neu-Ulm sowie die DRK-Rettungswache in Ulm. 2008 erhielt das Architekturbüro Braunger Wörtz unter anderem eine "besondere Anerkennung beim Deutschen Bauherrenpreis” für den Baublock 400 in Neu-Ulm sowie die "Auszeichnung guter Bauten” des Bundes Deutscher Architekten (BDA) für die Bauvorhaben Stadtregal/Ulm und die Büroerweiterung der Firma Matthäus Schmid/Baltringen.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Kreisverband Ulm e.V. wurde vor fast 125 Jahren gegründet und verfügt heute über 20.000 Mitglieder (Fördermitglieder und Aktive Ehrenamtliche). Hinzu kommen knapp 200 hauptamtliche Mitarbeiter. Das DRK übernimmt in der Stadt Ulm und im Alb-Donau-Kreis vielfältige Aufgaben in drei Bereichen: Rettungsdienst, Soziale Dienste und Rotkreuz-Dienste. Neben der Notfall-Rettung werden vom DRK-Rettungsdienst auch der Krankentransport sowie Krankenfahrten durchgeführt. In den Bereich des Sozialen Dienstes fallen neben der Ambulanten Krankenpflege, dem Betreuten Wohnen und "Essen auf Rädern" auch die Tafelläden und Kleiderkammern sowie einen Bewegungs- und Begleitdienst für Senioren. Hinzu kommen die Rotkreuz-Dienste. Diese bieten unter anderem die Erste Hilfe Ausbildung an, organisieren den Katastrophenschutz und die Bergwacht sowie die Jugendarbeit und die Betreuung der ehrenamtlichen Helfer. Dem DRK Kreisverband Ulm e.V. sind 22 Ortsvereine in der Region angegliedert.