Das Dilemma der Bildungsträger
Bildungsinstitut fakt.ori trotz schwieriger Marktlage auf Erfolgskurs
Die wirtschaftliche Lage der Bildungsträger wird immer kritischer. Öffentliche Mittel werden knapper und viele Weiterbildungsmaßnahmen stehen auf dem Prüfstand. Vor diesem Hintergrund stellt sich Volker Lehmann, 41 Jahre, Inhaber von fakt.ori (20 Mitarbeiter) den Fragen der pr-fakt.ori.
Herr Lehmann, Schätzungen gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren 30 Prozent der privaten Bildungsträger verschwinden werden. Sie auch?
Lehmann: Das trifft den Nerv. Das sind die Befürchtungen meiner schlaflosen Nächte, dass man von heute auf morgen verschwindet. Was mich daran hindert, dass ich verzweifle, und warum ich mit viel Elan und Energie an der Sache bleibe sind unsere Erfahrung, unsere Energie und unser Glück, das sich vielleicht in neue Projekte übertragen lässt.
Aber das gründet sich doch nicht nur auf Glück?
Lehmann: Doch genau auf unternehmerisches Glück aber auch auf Erfahrung und Elan.
Was zeichnete Sie in Ihrer Arbeit besonders aus? Wie begründet sich Ihr Erfolg?
Lehmann: Wir waren dreimal sehr erfolgreich bei großen Ausschreibungen. Das sind Projekte aus dem Bereich BÜE (Berufsausbildungen in überbetrieblichen Einrichtungen), wo 70% unserer Mitarbeiter beschäftigt sind. Das sind Programme, wo es um Jugendliche geht, die sozial und lernbenachteiligt sind, also ein Personenkreis, der nicht in der Lage ist, sich selbst zu finanzieren.
Man muss bedenken, dass wir ein kleines Unternehmen sind im Vergleich zu den Mitbewerbern, wie Kolping oder Caritas, hinter denen große nationale Einrichtungen stehen. Unser Vorteil ist, dass wir sehr individuell arbeiten, eine schmale Verwaltung und Organisation ha-ben. Wir erachten es mittlerweile als Wettbewerbsvorteil, dass wir Teile unserer Unterneh-mensphilosophie transportieren können. Das Quäntchen Glück, dass im Wettbewerb nötig ist, brauchen wir in Zukunft auch. So wie unser Unternehmen aufgestellt ist, ist es auch nicht möglich von heute auf morgen zu sagen, wir machen etwas ganz anderes.
Haben regionale Anbieter hier keine Vorteile?
Lehmann: Nein! Aber wir bekennen uns dazu, dass wir uns hier regional betätigen. Ich bin dagegen, irgendwelche Ableger und Dependancen an anderen Stellen aufzubauen, weil es mir darum geht, dass wir diesen Markt gründlich bearbeiten. Das, was wir tun, soll korrekt, fair und nachhaltig sein, und es geht auch darum, mit den Projekten verbunden zu bleiben. Beispielsweise durch unser Traineeprogramm für Akademikerinnen platzieren wir seit etlichen Jahren hervorragend ausgebildete Frauen in den Unternehmen der Region. Irgendwann muss daraus was entstehen, etwas Weiterführendes! Denn wir machen diese Projekte nicht, weil sie finanziell interessant sind. Wir machen sie auch aus der Hoffnung heraus, daraus neue Produkte entwickeln zu können.
Das heißt, sie könnten ein Unternehmen wie fakt.ori nicht an anderer Stelle noch einmal aufbauen, selbst wenn sie der Markt dazu zwingen würde?
Lehmann: Ich wehre mich ganz bewußt gegen ein "Management by Helicopter", also irgendwo kurz einfliegen, Probleme klären und wieder abschwirren, das ist nicht mein Stil, und da fühle ich mich nicht wohl dabei. Dazu bräuchte man andere Strukturen, eine andere Organisation.
Aus welcher Idee wurde fakt.ori gegründet und wie hat sich das Unternehmen entwickelt?
Lehmann: Die Vorgängerorganisation war das Fortbildungsinstitut IBS, gegründet 1994 und tätig im Pflege- und Sozialmanagement. 2001 wurde daraus fakt.ori. Als 1998 die Bundestagswahl anstand, hat die alte Bundesregierung ein Sofortprogramm zur Reduzierung der Jugendarbeitslosigkeit aufgelegt. Das Arbeitsamt musste relativ schnell Angebote und Maßnahmen organisieren und war bereit, mit neuen Trägern, mit denen es bisher keine Erfahrungen hatte, im Jugendhilfebereich zusammenzuarbeiten. Das war unser Einstieg in das AQJ (Arbeit und Qualifizierung für Jugendliche), welches über Jahre so erfolgreich war, dass man es in das Sozialgesetzbuch III eingebaut hat. Und der Inhalt ist der: noch nicht ausbil-dungsgeeignete Jugendliche im Rahmen dieses Programms soweit aufzubauen, dass sie Ausbildungsreife haben. Wir machen das mit einer Erfolgsquote von über 90 Prozent.
Das heißt 90 Prozent haben danach einen Ausbildungsplatz?
Lehmann: Korrekt!
Sie arbeiten viel mit Randgruppen, wie benachteiligten Jugendlichen – aus finanziellen Gründen oder auch aus persönlichem Interesse?
Lehmann: Wir sind gerade dabei, uns ein Leitbild zu erarbeiten, wenn sie so wollen eine Art Verfassung, Magna Charta, mit allem was uns wichtig ist in unserer Arbeit. Ein wichtiger Punkt bei fakt.ori ist nicht was wir tun, sondern die Art und Weise, wie wir es tun. Uns geht es um persönliche Weiterentwicklung, die sich zwangsläufig auch in einer erfolgreicheren Selbstpräsentation am Arbeitsplatz ausdrückt. Das andere ist, dass wir sehr wohl schauen, was sind unsere Unternehmenskompetenzen, was passt zu uns? Wir legen nicht die zehnte Umschulung zum Industriekaufmann auf. Wir profilieren uns gerne mit schwierigen Aufgaben.
Was ist der Kern Ihres Leitbildes?
Lehmann: Wir haben als Unternehmen diese Piktogramme Hand, Herz und Kopf, da steckt das schon drin. Wir wollen handgreiflich zupacken, Hilfestellung geben, die konkret spürbar sein muss. Was den Kopf anbelangt: Wir wollen aktuell bleiben, was neue Methoden, wis-senschaftliche Kenntnisse angeht. Ein neues Thema, das viel Raum einnimmt, sind Kompe-tenzfestellungsverfahren. Verfahren, mit denen wir in Zukunft Programme einleiten, die Jugendliche aber auch Erwachsene weiterbringen wie Potential-Assesment oder Profiling. Wir sind zum Beispiel zentraler Partner im lokalen BQN-Netzwerk, einem Netzwerk, das sich einer besseren Integration verschreibt für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Wir bauen mit an dem Netzwerk, um an der Schnittstelle Schule – Beruf eine bessere Integration zu errreichen. Und all das machen wir mit Freude und Spass, dafür steht das Herz.
Ulm, im Februar 2004
Der Beitrag entstand im Rahmen des Kurses Public Relations im Traineeprogramm für Akademikerinnen nach der Familienpause (Dozent: Uwe Pagel, Press´n´Relations)..
Weitere Informationen:
Institut fakt.ori – Volker Lehmann
Pfarrer-Weiß-Weg 16 + 18
89077 Ulm
Tel. 07 31 / 2 07 94 – 0, Fax 07 31 / 2 07 94 –11
Volker.lehmann@fakt-ori.de
www.fakt.ori.de
Das Interview führten:
pr-fakt.ori – Elisabeth Hauf, Petra Hartmann-Oeser,
Sigrid Rasecke-Lagemann, Susanne Salewsky
c/o fakt.ori
Pfarrer-WeißWeg 16 + 18
89077 Ulm
Tel. 0731 /2 07 94 – 0, Fax 07 31 / 2 07 94 - 11