Gemeinsam stärker: durch Co-Sourcing die IT-Kosten senken
Stadtwerke Herborn mit Schleupen.CS auch als IT-Dienstleister erfolgreich
Seit dem Start der Liberalisierung haben nicht nur die Anforderungen an die Informationstechnologie in der Energiewirtschaft drastisch zugenommen. In der Folge sind auch die Kosten für Anschaffung und den Betrieb der Lösungen deutlich gestiegen. IT-Prozesskosten in Höhe von 10 Prozent des Gesamtumsatzes sind in vielen Unternehmen die Regel. Ein Grund dafür, dass sich gerade kleine und mittlere Stadtwerke immer öfter zusammentun und im Rahmen des Co-Sourcing ihre Datenverarbeitung im Verbund betreiben. Ein durchaus erfolgreicher Ansatz, wie das Beispiel der Stadtwerke Herborn zeigt.
Mit rund 18.000 Zählern und knapp 30.000 Verträgen aus den Bereichen Strom, Gas und Wasser gehören die Stadtwerke Herborn nicht zu den Großen der Branche. Umso wichtiger war es deswegen für sie, mit Hilfe der richtigen Werkzeuge für rationelle Abläufe im Unternehmen zu sorgen, gerade auch mit dem Einsatz von Software-Werkzeugen. Denn nur wer die Möglichkeiten einer Lösung richtig ausschöpft, kann Optimierungspotenziale auch tatsächlich erschließen. Die Folge ist fast automatisch, dass nicht nur das Know-how in Bezug auf die organisatorischen Prozesse im Unternehmen zunimmt, auch die Fachkompetenz in Sachen IT wird größer. Eine Ressource, die eigentlich zu wertvoll ist, um sie nur für die eigenen Zwecke zu nutzen.
Der Einstieg in das Thema hat sich für uns fast von selbst ergeben. Man kennt sich und unterhält sich mit den Kollegen. Und nachdem wir mit Schleupen.CS im Jahr 2001 eine neue Lösung eingeführt und das entsprechende Know-how aufgebaut hatten, wurden diese Gespräche sehr schnell konkret, so Wilhelm Pretzlaff, Geschäftsführer der Stadtwerke Herborn. Schon im Februar 2002 ging mit den Stadtwerken Bad Vilbel der erste Kunde mit dem Modul CS.FB Rechnungswesen produktiv, im April folgten dann die Stadtwerke Haiger, mit CS.VA, dem Modul Vertragsabrechnung, im November schließlich auch die Stadtwerke Bad Vilbel mit der Schleupen-Verbrauchsabrechnung. Wir haben alle dieselben Probleme, was liegt da näher, als die Aufwendungen für die IT auf mehrere Schultern zu verteilen, da haben alle etwas davon, so Wilhelm Pretzlaff. Diese Gemeinsamkeiten sind für ihn auch die Erklärung dafür, dass sich das Co-Sourcing zu einem echten Trend in der Branche entwickelt hat - im Gegensatz zum klassischen Outsourcing, also dem Betrieb eines Rechenzentrums durch einen IT-Dienstleister. Denn einem Externen trauen viele Stadtwerke nicht zu, sie auch fachlich richtig zu betreuen. Das beginnt schon beim immensen Änderungsbedarf: Die Rahmenbedingungen, die gesetzlichen Vorgaben und Vorschriften in der Energiewirtschaft sind doch ständig im Wandel. Bis Sie da jedes Mal einem externen Dienstleister erklärt haben, wie er das in der Software umsetzen muss, vergeht viel zu viel Zeit, so Wilhelm Pretzlaff. Mit den eigenen Leuten, die sowohl etwas von der Materie als auch von der Technik verstehen, sei das viel schneller und vor allem unproblematischer umzusetzen. Die Fachkompetenz, über die der IT-Dienstleister Stadtwerk verfügt, ist für ihn aber auch aus einem ganz anderen Gesichtspunkt ein Auslöser für diesen Trend. Vertrauen ist das A und O in dieser Beziehung. Man muss sich prüfen, ob man auch vernünftige Arbeit abliefern kann. Und das fällt natürlich leichter, wenn man auch selbst tagtäglich mit der Software arbeitet.
Eine Erfahrung, die nicht nur die Stadtwerke Herborn machen. Ganz allgemein ist das Co-Sourcing für viele Stadtwerke eine echte Alternative. So hat beispielsweise eine Umfrage der EDNA-Initiative auf der letztjährigen EDMlive in Nürnberg ergeben, dass eine große Mehrheit der befragten Anwender erwarten, dass sich diese Form der IT-Diensleistung auf breiter Ebene durchsetzen wird. Eine Erwartung, die vielerorts bereits Realität geworden ist. Allein im Schleupen-Umfeld hat die Zahl der Stadtwerke, die ihre Informationstechnologie als sogenanntes Schleupen-Kompetenz-Center betreiben, in den letzten beiden Jahren deutlich zugenommen. Von der Albatros Servicegesellschaft in Westerland, über die GGEW in Bensheim bis zu den Stadtwerken Radolfzell sind in den vergangenen zwei Jahren überall in Deutschland Kompetenz-Center entstanden, die die Informationsverarbeitung als Dienstleistung für benachbarte Stadtwerke mit betreiben.
Diese Form der Zusammenarbeit hat ganz konkrete wirtschaftliche Vorteile. Zunächst natürlich für das Stadtwerk selbst, das als IT-Dienstleister auftritt. Denn es kann nicht nur die vorhandene Infrastruktur weitaus besser ausnutzen, als das im reinen Eigenbetrieb möglich wäre. Auch Investitionen in den Ausbau der Lösung oder in neue Technologien rechnen sich weitaus schneller und können auf dieser Basis sehr viel leichter angegangen werden. Unsere IT-Infrastruktur ist sicherlich sehr viel leistungsfähiger, als man das normalerweise bei einem Stadtwerk unserer Größe erwarten würde, so Markus Christ, verantwortlich für die VA-Projekte bei den Stadtwerken Herborn. Und davon profitieren sowohl wir selbst, als auch unsere Kunden und Partner. Die gemeinsame Lösung bringt aber auch weitere Synergie-Effekte mit sich. Das beginnt schon beim Personalaufwand, weil die eigene IT-Abteilung überflüssig wird. Aber auch der Einführungsaufwand liegt deutlich niedriger, weil man ja nicht bei Null beginnt, sondern auf in der Praxis bereits erprobte Prozesse zurückgreifen und die entsprechenden Einstellungen übernehmen kann. Im Verbund ist es zudem sehr viel leichter, auf die sich ständig ändernden Anforderungen, wie sie der liberalisierte Markt mit sich gebracht hat und immer noch mit sich bringt, zu reagieren. Denn mit den steigenden Anforderungen werden auch die Lösungen immer komplexer. Das beginnt beim Energiedatenmanagement und den vielschichtigen Problemen des Datenaustausches zwischen den Marktpartnern und geht bis hin zur Integration von Bereichen, die früher eher autark und nebeneinander her gearbeitet haben, wie etwa der kaufmännische und der technische Bereich in einem Stadtwerk.
Das Stadtwerk als IT-Dienstleister - bei den Stadtwerken Herborn hat sich der Einstieg in dieses völlig neue Geschäftsfeld bezahlt gemacht. Sowohl die mit rund 16.000 Zählern und 28.000 Verträgen etwas kleineren Stadtwerke Haiger als auch die mehr als doppelt so großen Stadtwerke Bad Vilbel sind ganz offensichtlich zufrieden mit der Betreuung durch die Kollegen. Und so etwas spricht sich herum. Das belegt auch die steigende Nachfrage von Stadtwerken, die ihre Datenverarbeitung ebenfalls gerne in die Hände der Stadtwerke Herborn legen würden. Wir könnten sicherlich sehr viel mehr Stadtwerke betreuen, denn entsprechende Anfragen bekommen wir inzwischen fast wöchentlich, obwohl wir dieses Angebot in keiner Weise aktiv vertreiben, berichtet Markus Christ. Doch die Stadtwerke Herborn halten sich hier ganz bewusst zurück. Denn: ?EDV muss solide sein?, so das Credo seines Chefs Wilhelm Pretzlaff. Das bedeutet für ihn auch, dieses neue Geschäft ganz überlegt und keineswegs überhastet auszubauen. Wir sind derzeit dabei zu Überlegen, wie wir unsere Systeme sinnvoll ausbauen können. Erst wenn das klar ist, werden wir über neue Aufträge reden.
Autor:Uwe Pagel