Keine Beschränkungen mehr: Kögel bringt den Volumentransporter jetzt auch auf die Schiene
Kögel Fahrzeugwerke aktiv bei der Weiterentwicklung alternativer Verkehrssysteme
Der Trend bei den Nutzfahrzeugen ist eindeutig. Mehr
Transportvolumen durch größere Ladehöhen, diese Anforderung rückt
bei den Transportunternehmen immer mehr in den Vordergrund.
Längst betrifft das nicht mehr nur die Automobilzulieferer, die mit Ihrer
Stapelhöhe von drei Paletten die 3-Meter-Klasse unter den
Pritschensattelanhängern hoffähig machte. Inzwischen setzen auch
ganz andere Branchen auf den Jumbo-Transporter. Ein Trend, der sich
in den Zeiten der LKW-Maut noch verschärfen dürfte. Die einfache
Rechnung lautet: je mehr Transportvolumen ein Fahrzeug bietet, desto
wirtschaftlicher ist es. Doch die Jumbos unter den Sattelaufliegern
hatten bisher ein Problem: sie waren strikt straßengebunden und nicht
bahnfähig. Ein Manko, das jetzt behoben ist. Denn mit dem SAIL-
Projekt der EU (Semitrailers in Advanced Intermodal Logistics) wurden
neue, bahntaugliche Systeme entwickelt, die in einem groß angelegten
Praxistest jetzt auch ihre Tauglichkeit für den Spediteursalltag
bewiesen haben. Die Sattelauflieger und Wechselverkehrssysteme für
dieses Projekt kommen von der Kögel Fahrzeugwerke AG.
Auch bei Kögel hat der Anteil der "Jumbo-Transporter" vom Typ X-
MAXX bei der Fertigung von Pritschensattelanhängern ständig
zugenommen. Vor allem bei den typischen Langstreckentransporten
quer durch Europa spielt dieser Fahrzeugtyp heute eine weitaus
größere Rolle als noch vor wenigen Jahren. Damit wären der X-MAXX
und seine Verwandten aus der Gruppe der Jumbo-Transporter
eigentlich die idealen Kandidaten für den kombinierten Güterverkehr
auf Straße und Schiene – wenn sie denn bahntauglich wären. Grund
genug für Kögel, hier aktiv zu werden und einen der Schwerpunkte im
Rahmen des europäischen SAIL-Projekts auf die Entwicklung eines
bahntauglichen Volumentransporters zu legen.
Die Ziele des SAIL-Projekts waren durchaus anspruchsvoll: mit
"intelligenten" und aufein-ander abgestimmten Lösungen sollte der
gesamte Prozess des kombinierten Verkehrs optimiert werden. Dazu
gehören sowohl neue Entwicklungen für die Infrastruktur auf den
Verladebahnhöfen – also für den Umschlag selbst – als auch für das
"Eisenbahn-Rollmaterial" – gemeint sind hier die Waggons sowie die
"Transportgefäße", also Sattelanhänger oder Wechselbrücken. Nicht
nur kurzfristige Überlegungen waren der Grund, weshalb sich die
Kögel Fahrzeugwerke gerade bei einem solchen Projekt stark
engagierten. "Wenn wir heute in die Entwicklung alternativer
Transportlösungen investieren, dann aus einem Grund: In den
nächsten 15 Jahren sollen die Verkehrsleistungen im
Straßengüterverkehr laut Bundesregierung um bis zu 60 % steigen. Ich
frage mich dabei, ob unser heutiges Straßenwegenetz diesen
Zuwachs tatsächlich verkraftet," so Gabriele Kögel, Vorstand der Kögel
Fahrzeugwerke AG bei der Vorstellung des SAIL-Projektes im August
in Köln. Für sie ist SAIL deswegen auch nur der Anfang, "Die
Bewältigung des künftigen Verkehrsaufkommens muss über
alternative Transportlösungen erfolgen. Lösungen, die eine
Kombination aus Straße und Schiene, Wasser und Luft
berücksichtigen. Selbst wenn es beim Projekt SAIL um den
kombinierten Güterverkehr Straße/Schiene/RO-RO geht, so sehe ich
zukünftigen, weiterführenden Lösungen äußerst interessiert entgegen."
Mit SAIL ist der erste Schritt in dieser Entwicklung erfolgreich
umgesetzt. Denn SAIL integriert nicht nur die jeweiligen nationalen
Interessen im Rahmen einer europäischen Gesamtlösung, das Projekt
bringt auch einen ganz konkreten wirtschaftlichen Nutzen – für die
Transportunternehmen ebenso wie für ihre Auftraggeber. Mit
einheitlichen europäischen Standards für die Kombination von Straße
und Schiene können künftig Güter barrierefrei über weite Strecken
transportiert werden. Die im Rahmen von SAIL entwickelten Systeme –
Sattelanhänger wie Wechselverkehrssysteme – erfordern dabei
keinerlei aufwendige Anpassungen der Straßenfahrzeuge. Teure
Sonderausstattungen sind überflüssig, und sobald die entsprechenden
Taschenwaggons und Waggons für den Wechselverkehr zur
Verfügung stehen, können diese Fahrzeuge dem Markt zur Verfügung
gestellt werden. Auch die für das SAIL-Projekt entwickelten
Waggonsysteme stehen für den Ansatz, ein vor allem für den
Fuhrunternehmer praktikables System zu entwickeln. "Kögel rechnet
fest damit, dass diese Alternative, bei der die Sattelanhänger auf dem
Waggon ohne weitere Sicherungsmaßnahmen lediglich auf dem
Zugsattelzapfen festgesetzt und fixiert werden, nicht nur eine
Testversion bleibt. Diese Versuche müssen jetzt schnell Realität
werden und damit Vorbildfunktion für die Optimierung des
kombinierten Verkehrs in ganz Europa bekommen," so das Fazit von
Gabriele Kögel. Sie rechnet deswegen auch fest damit, dass sich die
Investitionen, die Kögel für das SAIL-Projekt getätigt hat, schnell
auszahlen. Nicht nur für Kögel selbst, sondern für die gesamte
Nutzfahrzeugbranche, für die Transportunternehmen und – durch mehr
Wirtschaftlichkeit – letztendlich auch für den Verbraucher.
Das SAIL-Projekt im Detail:
In der Variante 1 werden die Sattelanhänger horizontal verladen,
d.h. sie werden direkt auf die Niederflurwagen gefahren, die auch als
"rollende Landstraße" bezeichnet werden. Diese Variante stellt in
erster Linie an die Infrastruktur auf den Bahnhöfen spezielle
Anforderungen, d.h. die Straße muss mit den Gleisen auf
Zuglänge eben geführt werden. Zusätzlich erforderlich
ist spezielles Umschlagsgerät. Diese Infrastruktur ist bislang
allerdings nur auf wenigen Bahnhöfen vorhanden. Der Vorteil
dieser Variante: Es können alle serienmäßigen
Sattelanhänger wie etwa der Kögel Cargo-
MAXX zum Einsatz kommen. Lediglich die Niederflurwagen
müssen angepasst werden, damit die Sattelanhänger
einfach und schnell arretiert werden können.
Technisch anspruchsvoller ist die vertikale Verladung von
Sattelanhängern, die in der Variante 2 umgesetzt wurde. Vorgabe
war hier, dass der Sattelanhänger den geltenden EG-Richtlinien
entspricht, damit er sofort einsetzbar ist und nicht extra
Ausnahmeregelungen geschaffen werden müssen. Dazu
entwickelte KÖGEL einen "kranbaren" Sattelanhänger auf
Basis des Volumentransporters X-MAXX, einen Anhänger der mit
Greifkanten für die Verladung per Portalkran ausgestattet ist. Um
die optimale Abstimmung der Verkehrssys-teme zu erreichen wurde
gleichzeitig ein neuer Taschenwagen entwickelt, der den Umschlag der
heute üblichen großvolumigen Sattelanhänger
ermöglicht. Der Vorteil dieser Variante: die Infrastruktur mit
Portalkränen ist an den meisten Verladebahnhöfen
vorhanden und muss nicht, wie in Variante 1, vielerorts erst aufgebaut
werden. Bei der Entwicklung dieser Variante arbeitet Kögel eng
mit dem schweizerischen Unternehmen Cattaneo zusammen, das
für die Konstruktion und den Bau des Taschenwagens
verantwortlich zeichnete.
Für die Variante 3, den kombinierten Verkehr mit
Wechselbrücken, entwickelte Kögel schließlich ein
System, das aus einer "kranbaren" Wechselbrücke – ebenfalls mit
Greifkan-ten versehen – sowie einem speziellen Fahrgestell für
den Straßentransport besteht. Dabei gelang es erstmals, das
Eigengewicht von Brücke und Fahrgestell auf unter 8.500
Kilogramm zu senken.
Allen Varianten gemeinsam ist, dass die Sattelanhänger die
gleiche Geometrie aufweisen. D.h. sowohl die disponierbaren
Sendungsgrößen sind einheitlich, wie auch der
Verladerampenanschluss, die Verladetechnik und die
Ladungssicherung. Auf dem Waggon werden die Sattelanhänger
lediglich auf dem Zugsattelzapfen festgesetzt (Königsbolzen) und
so fixiert. Weitere Sicherungsmaßnahmen sind nicht nötig.
Autor: Uwe Pagel
KÖGEL Fahrzeugwerke AG
Ulm, im Oktober 2002