Man muss die Daten erst einmal zusammenbekommen
Die Stadtwerke Frankenthal und die ersten Erfahrungen mit dem Regulierungsmanagement
Das neue Regulierungsmanagement der Stadtwerke Frankenthal hat die ersten Herausforderungen des regulierten Marktes erfolgreich gemeistert: Fristgerecht konnten zum 28. Oktober 2005 die Stromanträge bei der Landesregulierungsbehörde in Rheinland-Pfalz eingereicht werden. Und nur drei Tage später wurden auch die Daten zum Vergleichsverfahren bei der Bundesnetzagentur abgeliefert. Davor lag allerdings ein steiniger Weg. Denn obwohl sich die Stadtwerke Frankenthal in Sachen IT-Ausstattung durchaus auf der Höhe der Zeit befinden, wurde deutlich, dass das Regulierungsmanagement ganz neue Anforderungen an die Unternehmen stellt – vor allem was die integrierte Abbildung von Prozessen und damit auch von Datenflüssen angeht.
Mit rund 30.000 Stromkunden und 14.000 Gaskunden gehören die Stadtwerke Frankenthal zu den de-minimis-Unternehmen. Trotzdem beschäftigen sie sich schon seit dem Jahr 2003 intensiv mit dem Thema "Regulierung". Als damals die EU-Beschleunigungsrichtlinie für die Liberalisierung der Energiemärkte verabschiedet wurde, begannen sich die Stadtwerke auch verstärkt in den entsprechenden Projektgruppen des VDEW zu engagieren. "Uns war frühzeitig klar, dass wir mit den herkömmlichen Strukturen die Anforderungen des neuen EnWG nicht erfüllen können. Deswegen haben wir sofort mit Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes im Sommer 2005 eine eigene Stabsstelle eingerichtet, die sich nur mit den Themen Regulierungsmanagement, Unbundling und Kalkulation der Netznutzungsentgelte beschäftigt", so Ruth Schambach, die diesen Bereich bei den Stadtwerken Frankenthal verantwortet. Obwohl sie es gewohnt war, sich Daten zu beschaffen und auch durch die Mitarbeit in den VDEW-Gremien auf ihre neue Aufgabe vorbereitet war, stellte sich die Wirklichkeit des Regulierungsmanagements als deutlich härter heraus, als sie dies erwartet hatte.
Zahlreiche zusätzliche Informationen benötigt
"Ein großes Problem ist sicher, dass wir mit unserer bestehenden IT-Landschaft zwar die bisherigen Prozesse und Anforderungen sehr gut abgebildet haben. Die ersten Datenerhebungen der Regulierungsbehörden haben aber gezeigt, dass nun zahlreiche zusätzliche Daten und Informationen benötigt werden. Deswegen müssen wir die Prozesse wie auch die IT-Landschaft gründlich überdenken", so Ruth Schambach zu den gemachten Erfahrungen. Das Problem: Wie bei vielen Unternehmen in der Energiewirtschaft sind im kaufmännischen und im technischen Bereich unterschiedliche Systeme im Einsatz. Dazu kommt eine Unzahl an individuellen Excel-Lösungen, mit denen die einzelnen Abteilungen die eigenen Anforderungen vermeintlich einfach und schnell abgebildet hatten. Die Folge: "In den vergangenen Monaten waren wir regelmäßig gezwungen, die Daten manuell aus den unterschiedlichsten Quellen zusammen zu suchen. Und das meist kurzfristig, da oftmals erst sehr spät bekannt wurde, welche Informationen die Regulierungsbehörden überhaupt benötigen", so Ruth Schambach. Lagen die benötigten Informationen in Schleupen.CS vor, gestaltete sich der Suchprozess noch vergleichsweise einfach. Doch selbst hier stieß Ruth Schambach oft an Grenzen. Entweder, weil die Regulierungsbehörde Daten abfragte, die bislang schlicht weg nicht in Schleupen.CS gepflegt worden waren. Oder weil es sich um Informationen handelte, die nicht erfasst worden waren, weil in der Anwendung dafür gar kein Feld vorgesehen war. Beispiel Anlagenbuchhaltung: Hier mussten beispielsweise jetzt kalkulatorische Nutzungsdauern nach Netzentgeltverordnungen eingepflegt bzw. verändert werden. "Schleupen hat hier sofort reagiert und uns über ein Update die Möglichkeit gegeben, diese Informationen schnell und einfach nachzupflegen. Auf diese Weise waren wir in der Lage, die Preise gesetzeskonform zu kalkulieren.", berichtet Ruth Schambach.
Integrierte Prozesse sorgen für integrierte Datensicht
Ein Problem bei der Datenerhebung war auch die klassische Trennung der "kaufmännischen" und der "technischen" Prozesse. So konnten Informationen, die in Schleupen.CS vorlagen, relativ einfach zusammengestellt werden. Ein Durchgriff auf die technischen Anwendungen war jedoch nicht möglich, da diese nicht von Schleupen kommen und nicht integriert sind. Gerade dies machte den Aufbau des Regulierungsmanagements nicht einfach. "Eine der ersten Lehren, die wir gezogen haben, ist, dass es ohne eine Integration der Prozesse nicht geht. Deswegen haben wir bereits ein Projekt aufgesetzt, mit dem Ziel, die technischen und die kaufmännischen Prozesse künftig integriert abzubilden", beschreibt Ruth Schambach die Konsequenzen. Untersucht wird derzeit der Ausbau des Controllings. "Dieses Werkzeug hat in den Stadtwerken klassisch eher ein Schattendasein geführt. In Zukunft wird jedoch kein Unternehmen der Energiewirtschaft mehr ohne ein effizientes Controlling auskommen", so ihre feste Überzeugung. Das gilt auch für Werkzeuge, mit denen die Daten zentral erfasst und ausgewertet werden können.
Die Daten müssen vergleichbar sein
"Das Grundproblem ist die Datenqualität", fasst Ruth Schambach zusammen. Denn wie die Stadtwerke Frankenthal haben jetzt zwar die meisten Unternehmen in der Energiewirtschaft die verlangten Informationen bei den Regulierungsbehörden abgeliefert. Doch eine Vielzahl dieser Daten kann nicht einheitlich und strukturiert verwaltet werden. Die Folge: Bei den kommenden Abfragen der Regulierungsbehörden werden viele Unternehmen Schwierigkeiten bekommen, die abgelieferten Informationen sinnvoll miteinander in Beziehung zu setzen. Denn im Vorfeld der Anreizregulierung werden die Regulierungsbehörden voraussichtlich zahlreiche weitere Daten abfragen und mit den jetzt abgelieferten Informationen vergleichen. "Vor allem Unternehmen, die mangels Echtdaten geschätzte Informationen weitergegeben haben, laufen Gefahr, sich bei künftigen Abfragen in Widersprüche zu verwickeln, weil ihnen eine Vergleichsbasis fehlt", so die Warnung von Ruth Schambach. Deswegen ist es auch ihr erklärtes Ziel, schnellstmöglich eine einheitliche Datenbasis aufzubauen, durch den Ausbau des Controllings, aber auch durch die Einführung von Instrumenten wie einem Datawarehouse oder einem Management-Informationssystem. "Bisher konnten wir nur reagieren und sind kaum hinterhergekommen, all die Informationslöcher zu stopfen, die wir aus der Vergangenheit nun einmal mitgebracht haben. In Zukunft wollen wir aber agieren und die Informationen, die wir jetzt zusätzlich zur Verfügung haben, auch aktiv für die strategische Unternehmensführung nutzen", so ihre Planung. Dafür gibt es auch einen ganz konkreten Anlass. So haben die Stadtwerke Frankenthal mit Fritz Schneider seit dem 1. April 2005 einen neuen Geschäftsführer. "Wenn wir ihm alle wichtigen Informationen entsprechend aufbereitet zur Verfügung stellen können, erleichtert ihm das die Arbeit natürlich enorm." Aber auch für ihre eigene Arbeit benötigt Ruth Schambach solche Instrumente. Denn die Stadtwerke Frankenthal haben auch die Verantwortung für die Betriebsführung für mehrere kleine Gemeindewerke. Das bedeutete für die erste Runde des Regulierungsmanagements, dass sie nicht nur eins, sondern gleich fünf Vergleichsverfahren und drei Stromanträge bearbeiten musste. Ein Aufwand, den es schnell zu minimieren gilt.
Die Stadtwerke Frankenthal
Die Stadtwerke Frankenthal versorgen in und um Frankenthal mehr als 70.000 Menschen mit den leitungsgebundenen Energien Strom und Gas und Trinkwasser. Zudem sind sie Betriebsführer mehrerer kleinerer Versorgungsunternehmen. Neben diesen Hauptgeschäftsfeldern betreibt das Unternehmen ein Parkhaus und eine Tiefgarage und das Frankenthaler Hallenbad. Mit 197 Mitarbeitern (davon 24 Auszubildende) erwirtschafteten sie im Jahr 2004 einen Umsatz von 57,39 Mio. €. Ebenfalls im Jahr 2004 wurde das Tochterunternehmen "SWiFT tec" zur Übernahme verschiedener Aufgaben im Bereich Faciliy Management gegründet. An ihr ist neben den Hauptgesellschaftern Stadtwerke und Famis (Tochter der Pfalzwerke AG Ludwigshafen) auch das CongressForum Frankenthal beteiligt.
Größter kommunaler Gesellschafter der Stadtwerke ist das CongressForum Frankenthal mit über 62% der Anteile. Mittlerweile liegen 30% der Firmenanteile bei privaten Beteiligungen (20% Thüga AG München und 10% Pfalzwerke AG Ludwigshafen), der Rest verteilt sich auf die Umlandgemeinden.
Autor: Uwe Pagel, exklusiv für Energie & Management