"Im Prinzip braucht man keine Software, um
Risikomanagement zu betreiben", so
Sieglinde Spira-Zimmer, die neben dem
Risikomanagement auch für die
Innenrevision bei der Energie Südwest AG
verantwortlich ist. "Doch die Software macht
das Leben leichter, und sie fördert das
Risikobewusstsein, weil die Risiken für die
verantwortlichen Mitarbeiter transparent
werden." Grundlage bleibt für sie jedoch,
dass im Unternehmen eine "Risikokultur"
besteht, dass die Mitarbeiter ihre
Entscheidungen immer vor dem Hintergrund
ihrer möglichen Auswirkungen betrachten.
Begonnen hat in Landau alles mit der
Umwandlung der Stadtwerke Landau zur
Energie Südwest AG. Als Aktiengesellschaft
war man ohnehin verpflichtet, ein
Risikomanagement einzuführen, doch da die
BEWAG, mit 51 Prozent der neue
Mehrheitsaktionär in Landau, bei diesem
Thema zu den Vorreitern in der
Energiewirtschaft zählte, fiel dieser Einstieg
sehr viel systematischer und konsequenter
aus, als das bei anderen Energieversorgern
meist der Fall ist. Von Beginn an lag das
Risikomanagement in der Verantwortung des
Vorstands, die Durchführung wurde der
Innenrevision übertragen, die ohnehin bereits
als Stabsstelle fungierte. Damit war die
Bedeutung, die der Vorstand dem Thema
gab, klar. Etwas aufwendiger gestaltete sich
der Prozess, diese Vorgabe in eine echte
Risikokultur zu überführen, die das gesamte
Unternehmen durchzieht. Denn hier war
Grundlagenarbeit gefordert. Schließlich ist die
Energie Südwest mit ihren etwas mehr als
100 Mitarbeitern nicht mit der BEWAG
vergleichbar, das BEWAG-Modell konnte
schon deswegen nicht einfach übernommen
werden.
Zuerst machte man sich in Landau deswegen
an den klassischen ersten Schritt im
Risikomanagement, die Risiken zu
identifizieren und grob zu bewerten. Schnell
erwies sich hier der erste Ansatz, lediglich
zwischen technischen und kaufmännischen
Risiken zu unterscheiden, als unzureichend.
Vielversprechender schien es, die BEWAG-
Systematik mit ihren sechs Risikofeldern zu
übernehmen und an die Bedürfnisse der
Energie Südwest anzupassen. So wurde
diese Systematik als Grundlage genommen
und abgeprüft, welche Risiken auch für die
Energie Südwest vorlagen, und welche nicht.
Das Ergebnis: ein Risikoatlas für einen
kleinen Energieversorger, der heute auch die
Basis für die Arbeit mit R2C von Schleupen
bildet. In diesem Risikoatlas sind die Risiken
zunächst nach Risikokategorien unterteilt:
nach "strategischen Risiken", "Marktrisiken",
"Finanzmarktrisiken", "politisch-rechtlichen-
gesellschaftlichen Risiken", "Risiken aus
Corporate Governance" und
"Leistungsrisiken". Typische Einzelrisiken des
Energiemarktes, wie die Beschaffung oder
die Auswirkungen der Liberalisierung, findet
man hier bei den Marktrisiken. Andere,
allgemeingültigere Risiken, wie die einer
mangelhaften Kommunikation oder
Motivation, sind dagegen im Bereich
Corporate Governance, also der
Unternehmenskultur angesiedelt. Der Phase
der Risikoindentifizierung folgte die Phase
Bewertung. Um hier die eher qualitativen
Aussagen zum Schadenspotenzial (wie klein,
mittel und hoch) mit quantifizierbaren
Aussagen (etwa in Euro) zusammenführen zu
können, wurde ein Schlüssel mit einer Skala
von 1 bis 5 entwickelt: Dabei steht 1 für
"unbedeutend" und 5 für
"bestandsgefährdend". In Heller und Cent
ausgedrückt bedeutet das, wenn der
mögliche Schaden die Höhe der Hälfte
des
Eigenkapitals erreicht, dann ist dies
"bestandsgefährdend". Sowohl das
Handbuch wie auch dieser Schlüssel sind
heute in R2C integriert, sämtliche
Bewertungen sind damit auf einen Blick
erfassbar und müssen nicht erst "übersetzt"
werden.
Definiert wurde schließlich ein Risikoprozess.
Schritt eins dieses Prozesses ist die Risiko-
Inventur. In regelmäßigen Abständen
treffen
sich die Risikomanagerin und die jeweiligen
verantwortlichen Bereichs- bzw.
Sachgebietsleiter, die "Risk-Owner", um die
vorhanden Risiken und ihre Entwicklung zu
besprechen, neue Risiken zu identifizieren
und Maßnahmen für deren Bewältigung zu
entwickeln. Hier hat sich, so die Erfahrung von
Sieglinde Spira-Zimmer, die Einführung von
R2C besonders positiv bemerkbar gemacht.
Denn während früher beim Arbeiten mit Word
oder Excel eher unstrukturierter Aussagen die
Regel waren, zwingt R2C die Risk-Owner
dazu, ihre Risiken strukturiert zu erfassen.
Beschreibung, Bewertung, Maßnahmen zur
Risikobewältigung, all das wird Schritt für
Schritt abgefragt. Im Falle der
Energiebeschaffung sind das beispielsweise
der Verzicht auf Zwischenhändler, die
Einführung eines ausgereiften
Prognoseverfahrens, oder auch einfach in
kalten Wintern die so genannten
"abschaltbaren Kunden" wie Schulen oder
Krankenhäuser rechtzeitig von Gas- auf
Ölheizung umzuschalten, um so teure
Verbrauchsspitzen zu vermeiden. "Da R2C die
Mitarbeiter dazu zwingt, solche Informationen
strukturiert zu erfassen, sie aber dann auch
völlig transparent darstellt, ist das
Risikobewusstsein im Unternehmen
nochmals deutlich besser geworden," so
Sieglinde Spira-Zimmer. Mit messbaren
Folgen, wie im Falle des Risikos
"Forderungsausfälle". Hier wurden erstmals
über das Risikomanagement die kritischen
Fälle, speziell bei den Großkunden identifiziert
und bewertet. Die erste Konsequenz war es,
die Überwachung des Zahlungseingangs
nicht mehr quartalsweise, sondern monatlich
durchzuführen, die zweite, die Problemfälle
konsequent auf Vorauszahlung umzustellen.
Diese Maßnahme führte zu einer deutlich
besseren Zahlungsmoral, und damit wurde
nicht nur ein Risiko minimiert, sondern
gleichzeitig auch die Chance genutzt, die
Liquidität des Unternehmens zu verbessern.
Der Schritt zwei des
Risikomanagementprozesses bei der
Energie Südwest AG ist die Aufstellung des
"Risikoinventars", also ein aktueller
Lagebericht. Was früher aufwändig in Word
(Prosa) und Excel (Zahlen) erstellt werden
musste, geschieht heute per Knopfdruck. In
Form einer Risk-Map sind beispielsweise die
15 wichtigsten Risiken in einer Matrix
darstellbar, die sowohl die Dimension der
Eintrittwahrscheinlichkeit als auch die der
möglichen Schadenshöhe umfasst. Gerade
für das Management ein unschätzbarer
Vorteil, wenn es darum geht, das
Risikomanagement als Instrument für die
Unternehmensführung zu benutzen. Jederzeit
und aktuell steht dafür heute ein Überblick
über die aktuelle Risikolage zur Verfügung.
Schritt drei ist in Landau schließlich das
Berichtswesen. Dies wird heute weniger für
die Erstellung von Berichten für die Aktionäre
genutzt (die BEWAG bevorzugt nach wie vor
die ausformulierte Berichtsform). Wichtig ist
das Berichtswesen aber für die interne
Kommunikation. Besonders wertvoll ist hier
die Möglichkeit, ad-hoc-Berichte zu erstellen,
etwa wenn bestimmte Schwellwerte
überschritten werden. Diese Berichte können
dann sofort via Notes intern verbreitet und
entsprechende Maßnahmen eingeleitet
werden.
Das Fazit von Sieglinde Spira-Zimmer ist
eindeutig: "Gerade auch für kleinere
Energieversorger lohnt es sich, das Thema
Risikomanagement offensiv anzugehen, denn
hinter den Risiken verbergen sich jede Menge
Chancen, die oft erst entdeckt werden, wenn
man sich mit den Risiken strukturiert
auseinandersetzt." Dies dann mit einem
System wie R2C umzusetzen war für
Sieglinde Spira-Zimmer das kleinere
Problem, denn sie musste lediglich die
bereits erarbeiteten Ergebnisse wie den
Risikoatlas, die Unternehmenshierarchie
oder die Risikoindikatoren nur noch im
System hinterlegen und war damit sofort
arbeitsfähig – ohne langwierige Einführung
oder Schulungen. Aber R2C eignet sich aus
ihrer Sicht auch für Einsteiger. "Mit dem neuen
Risikoatlas für die Energiewirtschaft kann
man so vorgehen, wie wir das gemacht
haben. Einfach die Risiken durchgehen und
prüfen, welche Risiken zutreffen und welche
nicht. Trotzdem entbindet das die
Unternehmen nicht davor, ein echtes Know-
how im Risikomanagement aufzubauen, und
dem Thema vor allem den richtigen
Stellenwert zu geben", so Sieglinde Spira-
Zimmer. "Ohne eine entsprechende
Risikokultur im Unternehmen nutzt auch die
beste Software nichts."
Autor: Uwe Pagel
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