Nebenrolle für das Papier
InfoStore im Einsatz bei der Bavaria Film
Ein fast durchscheinendes Papier, durchsichtiger als jedes Pergament, die Schrift kaum erkennbar - es gibt Belege, die sind schlichtweg nicht archivierbar, einfach weil der Scanner kapituliert. Belege, die bei der Bavaria Film in Geiselgasteig durchaus öfter anfallen. Denn die Filmteams der Bavaria Produktionen drehen weltweit an den schönsten und exotischsten Orten, von Florida bis Mallorca, von Südafrika bis Vietnam. Aus Sicht der Finanzbuchhaltung sind hier weniger die dramaturgischen Aspekte interessant, die für die Wahl eines Drehorts entscheidend sind, sondern die anfallenden Belege, die die Teams wieder mit nach Hause bringen, ob für dieSpesenabrechnung oder für die Erfassung derProduktionskosten. Die sind allerdings oft in einem nicht einfach zu bearbeitenden Zustand. Sei es, weil sie elektronisch nicht zu archivieren sind, wie bei dem oben erwähnten Beleg, sei es, weil sie wild aneinander getackert angeliefert werden, und es viel zu aufwändig wäre, sie zum Scannen wieder auseinanderzunehmen.
Ganz papierlos sind deswegen die Abläufe bei der Bavaria Film auch nach Einführung von InfoStore/400 noch immer nicht, Papier spielt aber dennoch nur noch eine Nebenrolle.
Bis 1998 dominierte der Film auch noch in der Bavaria Buchhaltung, genauer gesagt der Mikrofilm. Sämtliche Belege wurden gesammelt und zentral zum Verfilmen gegeben und standen dann erst Tage später und auch nur zentral zur Einsicht zur Verfügung. Wenn auch schon recht komfortabel mit einem PC Suchsystem, das zumindest das Wiederfinden der Belege stark vereinfachte. Doch nicht nur wegen des sehr weitläufigen Geländes am Bavariafilmplatz in Geiselgasteig, das für viele Mitarbeiter lange Wege bedeutete, wenn sie im Archiv recherchieren mussten, war dieses Verfahren nicht mehr wirtschaftlich. Die Bavaria Film hatte sich inzwischen auch zu einer Unternehmensgruppe mit weit verteilten Standorten entwickelt, für die ein Mikrofilmarchiv viel zu unhandlich und ineffizient wurde. Ein zentrales Document Management System sollte hier Abhilfe schaffen und die Arbeitsabläufe vereinfachen.
Zwei grundlegende Anforderungen an eine DMS-Lösung gab es: Das System sollte in der Lage sein, direkt aus den verwendeten Anwendungen des Rechnungswesens aufgerufen zu werden, dem System21 der damaligen JBA Ratioplan (heute GEAC), und dies, ohne Änderungen an den Programmen vornehmen zu müssen. Ausserdem musste die Lösung in der Lage sein, die teilweise äusserst komplexen Indexstrukturen abzubilden, die sich bei der Bavaria entwickelt hatten, und die einzelnen Belegen bis zu 70 unterschiedliche Indices beschert. Ein Verfahren, das zunächst nicht ganz einfach in der Handhabung anmutet, das aber sehr differenzierte und genaue Recherchen ermöglicht, die schnell zu verwertbaren Ergebnissen führen.
InfosStore/400 von Solitas, erfüllte diese Anforderungen in idealer Weise, so Franz von Ballestrem, EDV-Leiter der Bavaria Film. So wurde der Zugriff via System21, direkt über die Oberfläche der Anwendung, mit dem InfoStore-ScreenScraper innerhalb kürzester Zeit realisiert. Besonderer Vorteil, so Ballestrem, war die damit gegebene Synchronisierung der meisten Benutzerrechte von Rechnungswesen und DMS-System, da die grundlegenden Rechte durch die Steuerung über die betriebswirtschaftlichen Anwendungen praktisch vorgegeben waren. Aber auch komplexere Berechtigungsprofile konnten über InfoStore/400 abgebildet werden, da einzelne Anwendern mehreren Benutzergruppen zugeordnet werden können. "Zunächst war die Berechtigungssteuerung von InfoStore/400 etwas verwirrend für mich,” so Franz von Ballestrem. "Hat man das Prinzip aber erst einmal verstanden und die Benutzergruppen und Zugriffscodes entsprechend organisiert, sind auch völlig neue Profile einfach und vor allem schnell realisierbar.” Spürbar wird dies vor allem jetzt, da bei der Bavaria damit begonnen wurde, das gesamte Vertrags- und Urkundenwesen über InfoStore/400 zu verwalten.
Auch die Indizierung erwies sich, abgesehen vom unvermeidlichen manuellen Aufwand, als unproblematisch. Der DMS-Spezialist Scheuchl und Partner, Unterhaching, eine Tochter der Münchner SoftM und Solitas-Partner, benötigte nur zwei Wochen im Sommer 1999, um die gegebenen Strukturen in InfoStore/400 zu übertragen und das System in Produktion zu nehmen. Pünktlich zum 1. September 1999 konnte die Bavaria Film mit dem Document Management starten.
Vorbehalte gegen das System gab es zu Beginn bei den Mitarbeitern der Buchhaltung. Schuld daran war eine organisatorische Besonderheit. Bei der Bavaria Film gilt der Grundsatz "Jeder ist voll verantwortlich für die Belege, die er bearbeitet”. Dazu gehört auch, dass jeder die Belege, die er bearbeitet, auch selbst scannt. Und das nicht etwa dezentral am Arbeitsplatz, sondern zentral an zwei Arbeitsplätzen, die mit
Hochleistungsscannern ausgerüstet sind. Für viele Mitarbeiter schien dies zunächst eine Mehrbelastung zu sein, hatte man doch vorher bequem die Belege am Arbeitsplatz sammeln können, bevor sie zur Verfilmung abgeholt wurden. Die kritischen Stimmen verstummten jedoch recht schnell, nachdem deutlich wurde, wieviel Zeit und Wege letztendlich dadurch gespart wurden, dass die Dokumente nun jederzeit am Arbeitsplatz eingesehen werden konnten.
Rund 150.000 Belege mit mehr als 600.000 Seiten werden derzeit jährlich archiviert. Ein Drittel davon betreffen den Belegausgang, also beispielsweise Ausgangsrechnungen, die per Spoolfile-Archivierung direkt und weitgehend automatisch archiviert werden. Immerhin ca. 100.000 Belege mit etwa 360.000 Seiten fallen aber auf dem Papierweg an, müssen also mit Barcode versehen gescannt und verarbeitet werden. Tendenz: Stark steigend. Denn zunehmend wird auch das Belegaufkommen der Bavaria-Töchter und -Beteiligungen zentral archiviert und verwaltet. Derzeit 28 Firmen sind es bereits, die meisten direkt auf dem Bavaria-Gelände angesiedelt. Schrittweise sollen jetzt auch die Tochterunternehmen, die nicht direkt vor Ort sitzen, angebunden werden, wie etwa die Standorte in Babelsberg, Leipzig oder Köln. Damit gewinnt auch die dezentrale Erfassung über Scanner am Arbeitsplatz an Bedeutung, die mit der Archivierung von Verträgen und Urkunden erstmals eingeführt wird. Grundsätzlich will Franz von Ballestrem aber an zentralen Scannern festhalten, da diese Arbeitsplätze sehr viel besser ausgestattet werden können und damit auch wirtschaftlicher sind als durchgängig dezentrale Strukturen. Mit der Performance ist Ballestrem nach wie vor zufrieden. Trotz des gestiegenen Belegaufkommens ist der Zugriff auf die archivierten Dokumente unverändert schnell. Jeweils vier Wochen lang werden die Dokumente dabei direkt auf dem Server, einem AS/400 Modell 730 vorgehalten, da sie in dieser Zeit in der Regel öfter benötigt werden, als in der Zeit danach. Ab dem 10. Tag werden sie parallel auch bereits auf optischen Platten gespeichert, auf denen sich rund 100 Gigabyte an Daten ständig in direktem Zugriff befinden.
Ein Wunschtraum von Franz von Ballestrem wäre es, irgendwann die Produktionsteams, die weltweit auf dem Globus agieren, direkt an InfoStore/400 anbinden zu können, beispielsweise via Browser-Interface. Denn der Bereich Produktion ist nach wie vor nur schwer in die normalen Arbeitsabläufe einzugliedern. Die Teams müssen ihre Administration unter manchmal schwierigsten Bedingungen am Drehort selbst organisieren, meist in Hotelzimmern, aber auch notfalls mal im Zelt. Dementsprechend schwierig ist eine geordnete Belegablage. Da geht man lieber auf Nummer Sicher, mit dem Tacker in der Hand und egal ob alle Belege sauber nebeneinander abgeheftet werden, oder übereinander und womöglich in Form eines Fächers. Ob diese Sammlung nun scannergerecht ist, interessiert im Zweifelsfall weniger – Hauptsache, es geht nichts verloren. Die Produktionskassen sind deswegen nach wie vor eine Bastion des Papiers bei der Bavaria Film.