Tagtäglich sind sie unterwegs und laufen das Gasnetz in Ulm und Neu-Ulm ab. "Gas spüren" heißt der Auftrag der drei SWU-Mitarbeiter, und das ist wörtlich zu nehmen. Denn mit ihren empfindlichen Instrumenten spüren sie auch die winzigsten Undichtigkeiten in den Leitungen auf, lange bevor eine Gefahr überhaupt entstehen kann. Und sie leisten ganz offensichtlich gute Arbeit: Seit Jahrzehnten hat es in Ulm und Neu-Ulm keinen schweren Gasunfall mehr gegeben.
Gas hat in Ulm und Neu-Ulm eine lange Geschichte. Allerdings nicht das Erdgas, wie wir es heute zum Heizen und Kochen, aber auch in der Industrie als Prozessgas nutzen. Ursprünglich wurde es ausschließlich zur Straßenbeleuchtung genutzt – das so genannte "Leuchtgas". Nach Paris (1815), London (1819) und Berlin (1828) erstrahlte 1855 endlich auch in Ulm die erste gasbetriebene Straßenlaterne in hellem Licht. Für Jahrzehnte blieb das der wichtigste Verwendungszweck des Gases, das damals in der Regel aus Kohle gewonnen wurde. Erst in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhundert verbreiteten sich Gasherde, der Name wandelte sich vom "Leuchtgas" zum "Stadtgas". Ihren großen Aufschwung erlebte diese Energiequelle dann aber erst Anfang der Siebziger Jahre, als erstmals Erdgas durch das Leitungsnetz unter den Straßen Ulms und Neu-Ulms strömte. Seitdem ist das Gasnetz der SWU Energie enorm gewachsen. Fast 800 Kilometer lang ist es heute, allein in den letzten beiden Jahren kamen rund 150 Kilometer dazu.
Das Gasnetz hat drei Stufen
Über Hochdruckleitungen wird das Gas bis an die Stadtgrenzen geliefert. Dort stehen Übernahmestationen, in denen der Druck von 50 bar auf 16 bar heruntergeregelt und in das Transportnetz der SWU Energie eingespeist wird. Dieses Netz versorgt die beiden Stadtgebiete, reicht aber auch über Senden bis Vöhringen und bis nach Erbach. Mit Druckregelanlagen, die über das gesamte Netz verteilt sind, wird der Druck anschließend auf 500 Millibar, den so genannten Mitteldruck, reduziert. Da Gasgeräte im häuslichen Bereich nur mit etwa 20 Millibar betrieben werden dürfen, wird der Druck unmittelbar nach der Hauseinführung nochmals herunter geregelt. Diese 20 Millibar entsprechen dann ungefähr dem Druck, der in einem aufgeblasenen Luftballon herrscht. Neben den Mitteldrucknetzen gibt es noch so genannte Niederdrucknetze mit 23 Millibar im Stadtgebiet Neu-Ulm oder mit 45 Millibar in Ulm. Diese Netze benötigen einen sehr großen Leitungsdurchmesser. Deswegen wird beispielsweise das Neu-Ulmer Netz kontinuierlich zurück gebaut und durch ein modernes Mitteldrucknetz ersetzt.
Auf die Dichtigkeit kommt es an
Im Gegensatz zu Wasserleitungen, bei denen Undichtigkeiten zwar ärgerlich, aber in der Regel unbedenklich sind, muss eine Gasleitung absolut dicht sein. Nicht zuletzt deswegen ist in den vergangenen drei Jahrzehnten das komplette Leitungsnetz nahezu vollständig erneuert worden. Ursprünglich bestanden die Gasleitungen aus Gusseisen, ein sprödes Material, das zu Undichtigkeiten und Brüchen neigt. Ersetzt wurden diese Rohre zunächst durch Stahlleitungen, die zunächst mit PVC ummantelt wurden, um sie vor Korrosion zu schützen. Auch dieser Kunststoff wird jedoch mit den Jahren hart und spröde. Deswegen setzt die SWU Energie seit längerem schon auf Stahlleitungen, die mit Polyethylen (PE) ummantelt sind. Dieses Stahlleitungsnetz wird zusätzlich kathodisch geschützt. Das heißt, es wird eine Stromspannung angelegt, die verhindert, dass die Stahlrohre korrodieren. Noch besser gegen Korrosion geschützt sind die seit kurzer Zeit verwendeten PE-Rohre, die jedoch nur für den Mittel- und Niederdruckbereich in Frage kommen. Bis heute sind rund vierzig Städte und Gemeinden mit über 26.000 Kunden an das Erdgasnetz der SWU Energie angeschlossen - mit steigender Tendenz.
Das Gasnetz in Ulm und Neu-Ulm ist sicher
Die Investitionen in das Gasnetz haben sich ausgezahlt. Wenn die Leitungen erst einmal liegen, halten sie in der Regel auch dicht. Zu Undichtigkeiten kommt es allerhöchstens, wenn bei der Montage ungenau gearbeitet wird oder wenn die Rohre bei Bauarbeiten beschädigt werden. Ganze 36 Störungen waren es im Jahr 2004, durchweg kleinere Fälle, die schnell entdeckt und behoben werden konnten. Zur Sicherheit beigetragen haben dabei auch zahlreiche Maßnahmen, die in den letzten Jahren zusätzlich eingeführt wurden. So registrieren so genannte "Strömungswächter" sofort, wenn Gas über ein Loch aus dem Rohr entweicht und sperren die Leitung automatisch ab. Im Haus kann die Gaszufuhr im Gefahrenfalle über die Hauptabsperrung manuell gestoppt werden. Temperaturfühler, die heute bei jeder Neuinstallation eingebaut werden, übernehmen diese Aufgabe aber auch automatisch, sobald die Umgebungstemperatur auf über 100 Grad ansteigt. Da sich Gas erst bei einer Temperatur von 640 Grad entzündet, ist so jeder Explosionsgefahr im Brandfalle vorgebeugt. Mit dieser hohen Zündtemperatur gehört Erdgas zu den Stoffen, die relativ schwer zu entzünden sind. Zum Vergleich: Benzin entzündet sich schon bei einer Temperatur von 220 Grad, Holz bei 280 Grad und Wasserstoff bei 560 Grad. Zur Sicherheit trägt auch der typische Gasgeruch bei. Den erhält das Gas der SWU Energie übrigens erst an der Stadtgrenze. In den Übernahmestationen wird das Gas mit speziellen Geruchsstoffen "odoriert", wie das Verfahren heißt. Denn natürliches Erdgas ist völlig geruchlos.
Texte für Kästen:
Sauberer Brennstoff für Haushalt und Industrie
Waren es 1980 noch rund 800 Millionen Kilowattstunden im Jahr, ist der Gasabsatz heute auf rund 2,2 Milliarden Kilowattstunden gestiegen. 1,2 Milliarden davon entfallen auf die privaten Haushalte, werden also für Heizung und Herde genutzt. 1 Milliarde Kilowattstunden nimmt die Industrie ab, Tendenz steigend. Denn Erdgas ist hier eine saubere Alternative, wenn es um die Erzeugung von Hitze für industrielle Prozesse geht. Während hier früher von Altreifen über Schweröl oder Kohlenstaub zahlreiche Stoffe verbrannt wurden, die für die Umwelt eher problematisch sind, entstehen bei der Verbrennung von Erdgas weitaus weniger der schädlichen Klimagase.
Auf den Brennwert kommt es an
Erdgas ist ein natürlicher Rohstoff. Er besteht zum größten Teil aus Methan, das mit einer ganzen Reihe weiterer Verbindungen vermischt ist. Je größer der Anteil des Methans und der höherwertigen Kohlenwasserstoffverbindungen wie Äthan, Propan und Butan ist, desto besser ist der Brennwert. Nach den gesetzlichen Vorgaben muss der Methananteil im Erdgas bei mehr als 70 Prozent liegen, was allerdings einen absoluten Mindestwert darstellt. Im Gas der SWU Energie liegt der Methananteil in der Regel deutlich über 98 Prozent, das Gas hat also einen hohen Brennwert. Der Brennwert des früheren Stadtgases, das beispielsweise aus Kohle gewonnen wurde, war übrigens nur halb so hoch wie der des heutigen Erdgases.
Die Gasversorgung in Blaubeuren, Herbrechtingen und Langenau
Mit jeweils 50 Prozent ist die SWU auch an den Gasversorgungsunternehmen in Blaubeuren, Herbrechtungen und Langenau beteiligt. Damit ist sie auch für die weitere Region ein wichtiges Versorgungsunternehmen. Denn auch die Wartung der Gasnetze in Blaubeuren und Langenau wird vollständig über die SWU Energie abgewickelt. Lediglich die technischen Werke Herbrechtingen führen den Ausbau und die Instandhaltung des dortigen Gasnetzes mit eigenen Mitarbeitern durch.
Die Kosten und der Wert des Netzes
Für die Wartung und Instandhaltung des Gasnetzes gibt die SWU Energie pro Jahr durchschnittlich rund vier Millionen Euro aus. Dazu kommen im Jahresschnitt circa acht Millionen Euro Investitionen in Maschinen und Anlagen sowie in den weiteren Ausbau des Netzes. Entsprechend hoch ist der Wert des Gasnetzes. Würde man das Netz heute bauen, dann ergäbe sich anhand spezifischer Baukosten ein Wert von 136 Millionen Euro.
Was tun, wenn es nach Gas riecht?
Undichte Gasleitungen machen sich durch einen stechenden Geruch nach faulen Eiern bemerkbar. In diesem Fall heißt es: Sofort sämtliche Fenster öffnen, keine elektrischen Schalter betätigen (wegen des Funkenschlags) und auch nicht in der Wohnung telefonieren. Man sollte die Wohnung sofort verlassen und die SWU bzw. die Feuerwehr per Handy oder vom Nachbarn aus alarmieren. Die SWU-Störnummer lautet (07 31) 6 00 00. Grundsätzlich gilt: Gasgeräte niemals selbst reparieren! Da darf nur der Fachmann ran.