Der Stromzähler ist schwarz, hängt im Verteilerkasten und wird einmal im Jahr abgelesen. Ganz so einfach, wie sich das aus der Sicht eines Haushaltskunden darstellt, ist die Sache jedoch nicht. Denn im Zeitalter des liberalisierten Energiemarktes ist es noch entscheidender zu wissen, wer wo und wann wie viel Strom verbraucht. Die gemessenen Verbrauchsdaten sind nicht nur eine unverzichtbare Grundlage für den Energiehändler, der damit den Stromeinkauf (siehe SWU-Fakten "Eine Preisfrage: Warum Stromeinkäufer Hellseher sein sollten")und die Abrechnung des Endkunden abwickelt, sondern sind auch für den Netzbetreiber unverzichtbar, der damit die Abrechnung der Netznutzung und die Bilanzierung der Energiemengen durchführt. Weiterführend werden die Verbrauchsmengen beispielsweise auch für die Kalkulation der Netznutzungsentgelte benötigt, mit denen der Unterhalt des Stromnetzes finanziert wird. Unabhängig davon hat sich der Bereich Messtechnik für die SWU Energie inzwischen zu einem wichtigen wirtschaftlichen Faktor entwickelt, denn die SWU-Messtechniker bieten ihre Dienstleistungen im Umfeld "Messen - Zählen - Prüfen" auch anderen Stadtwerken oder Industrieunternehmen an.
Die "Arbeit" zählt im Haushalt
Der Stromverbrauch eines Haushaltskunden wird nach wie vor mit einem Zähler, der im Prinzip wie ein Elektromotor funktioniert, gemessen: Über Spulen werden elektrische Felder erzeugt, die eine Scheibe in Rotation versetzen. Die Scheibe ist wiederum der Antrieb für das Zählwerk, das umso schneller läuft, je mehr Strom durch die Leitung fließt. Die neuartigen elektronischen Haushaltszähler messen mit elektronischen Sensoren; der Rechner im Zähler stellt die Messwerte im Display und an genormten Datenschnittstellen zur Verfügung. Gemessen wird in beiden Fällen die so genannte "Arbeit", das heißt, wie viel Kilowatt pro Stunde verbraucht werden, die berühmte "Kilowattstunde". Für den normalen Haushaltskunden macht es dabei keinen Unterschied, wann er wie viel Strom verbraucht, denn die Kilowattstunden werden mit einem Eintarifzähler einfach aufsummiert. Kunden mit Sonderabkommen (z.B. Nachtspeicheröfen) nutzen dagegen einen Zweitarifzähler. Das eine Zählwerk zeigt an, wie viel Strom nachts (NT = Niedertarif) und das andere, wie viel tagsüber (HT = Hochtarif) verbraucht wurde. Denn Nachtspeicheröfen benötigen vergleichsweise viel Strom, der nachts billiger zu haben ist als tagsüber – einfach, weil der allgemeine Stromverbrauch nachts deutlich zurückgeht. Abgelesen werden die Zähler von den sieben Stromablesern der SWU Energie, die das ganze Jahr über im SWU-Netzgebiet (außer Ulm/Neu-Ulm noch Senden und Blaustein) unterwegs sind. Zunehmend nutzen die Kunden aber auch die Möglichkeit, ihren Zählerstand direkt über das Internet an die SWU Energie zu melden, was beispielsweise die Bearbeitung von Umzügen enorm erleichtert.
Auch auf die "Leistung" kommt es an
Die Messung des Verbrauchs von Industriebetrieben ist ungleich komplizierter. Denn hier wird nicht einfach die "Arbeit" gemessen, sondern auch die "Leistung". Dazu wird von speziellen Zählern jede Viertelstunde ermittelt, wie hoch der Verbrauch in genau dieser Viertelstunde war. Diese 96 Werte pro Tag ergeben eine Kurve, auch "Lastgang" genannt, und können dann elektronisch ausgelesen werden. Rund die Hälfte der rund 1.200 Industriekunden der SWU Energie verfügt bereits über eine Anbindung an die so genannte Zählerfernauslesung (ZFA), mit der die Verbrauchswerte über Telefonleitung oder Handynetz direkt an die SWU Energie übermittelt werden. Das geschieht nachts zwischen 0 und 4 Uhr, so dass die Werte am nächsten Tag direkt verarbeitet werden können. Beispielsweise von den Energieeinkäufern der Energie Plus, die diese Verbrauchswerte direkt in die Prognose einfließen lassen, mit der der Stromverbrauch der nächsten Tage berechnet wird (siehe SWUFakten "Eine Preisfrage: Warum Stromeinkäufer Hellseher sein sollten"). Andere Stromlieferanten, die Kunden im Netzgebiet der SWU Energie beliefern, erhalten diese Informationen ebenfalls auf elektronischem Wege. Damit ist auch den Forderungen des liberalisierten Marktes nach Gleichbehandlung aller Stromlieferanten genüge getan (siehe SWU-Fakten "Liberalisierung: Was hat das mit Ulm zu tun?").
Geprüfte Qualität aus Ulm
Egal, ob "Leistung" oder "Arbeit" gemessen wird, es kommt darauf an, dass die Zähler exakt arbeiten und korrekt messen. Um dies sicherzustellen, müssen die Zähler geeicht und regelmäßig überprüft werden. Hier gehören die Techniker der SWU Energie zu den ausgewiesenen Spezialisten. Dem Bereich Mess- und Datentechnik ist seit langem die staatlich anerkannte Prüfstelle EA 50 angegliedert. Mit modernsten Prüfeinrichtungen gewährleistet sie, dass der Kunde einen Stromzähler eingebaut bekommt, der vorher auf Herz und Nieren geprüft wurde und in einem technisch einwandfreien Zustand ist. Sollten im Einzelfall dennoch einmal begründete Zweifel an der Messsicherheit eines Zählers aufkommen, hat der Kunde die Möglichkeit, im Rahmen einer Befundprüfung nach der Eichordnung seinen Stromzähler durch die unabhängige Prüfstelle prüfen zu lassen. Der Leiter der Prüfstelle und seine Stellvertreter sind vereidigt, die Tätigkeiten der Prüfstelle unterliegen den gesetzlichen Anforderungen von Eichgesetz und Eichordnung. Zudem wird die EA 50 mindestes einmal jährlich vom Regierungspräsidium Tübingen überprüft. Das Know-how der EA 50 wird inzwischen von einer ganzen Reihe von Stadtwerken sowie Geräteherstellern genutzt.
Stromzähler arbeiten lange und zuverlässig
Ein klassischer Haushaltszähler hat eine Eichdauer von 16 Jahren. Über ein Stichprobenverfahren kann die Einsatzdauer verlängert werden. Dazu werden so genannte Lose mit bis zu 3.000 Zählern gebildet, von denen jeweils 80 Zähler ausgebaut und geprüft werden. Dabei darf es bei nicht mehr als drei Zählern zu Ausfällen kommen. Ist dies gegeben, können die Zähler für weitere 5 Jahre beim Kunden eingesetzt werden. Dies spart der SWU Energie Kosten für den Kauf neuer Geräte sowie die Fahrt- und Montage-Aufwendungen beim kompletten Wechsel aller Zähler.
Zähler messen nicht nur den Stromverbrauch
Auch der Strom, der ins Netz geliefert wird, muss gemessen werden. Das beginnt bei der Einspeisung aus dem Hochspannungsnetz. Hier kommen spezielle Zähler zum Einsatz, die erheblich aufwändiger konstruiert sind als ein Haushaltszähler. Auch die 10.000 Volt der Hochspannungsleitung können natürlich nicht direkt an den Zähler angelegt werden, sondern müssen über Spannungswandler erst auf 100 Volt herunter transformiert werden. Einfacher konstruiert sind dagegen Zähler, mit denen etwa die Stromproduktion der zahlreichen Photovoltaik-Anlagen im Netzgebiet der SWU Energie gemessen wird. Hier kommen teilweise ganz normale Stromzähler zum Einsatz, die auch "umgekehrt" arbeiten und die Einspeisung wie auch den Verbrauch messen.
Eichgesetz und Verbraucherschutz
Die deutsche Gesetzgebung hat 1969 mit der Verabschiedung des Eichgesetzes einen wichtigen Schritt zum Verbraucherschutz getan. Das Gesetz schafft die Voraussetzungen für richtiges Messen im geschäftlichen Verkehr, gibt Messsicherheit insbesondere im Gesundheitsschutz, Arbeitsschutz und Umweltschutz und eben bei den Privatgeschäften des Alltags. Ob Füllstrich auf dem Glas, Wurstwaage oder Stromzähler – sämtliche Messgeräte müssen von einer Behörde zugelassen und von einer staatlich anerkannten Prüfstelle oder von einem Eichamt geeicht sein. Um die Messsicherheit und Messbeständigkeit zu gewährleisten, werden Zähler und Messgeräte in regelmäßigen und vorgeschriebenen Abständen überprüft bzw. geeicht. Dafür sind die staatlich anerkannten Prüfstellen für Messgeräte für Elektrizität zuständig. In Ulm ist dies die EA 50, die im SWU Hauptgebäude in der Karlstraße 1 untergebracht ist.
Verbraucherschutz hat Tradition in Ulm
Der Verbraucherschutz bei Messgeräten ist älter, als mancher denken mag. Das frühere Städtische Elektrizitätswerk in Ulm erhielt schon am 24. August 1938 von der damaligen Physikalisch-Technischen Reichsanstalt aufgrund § 9 des "Gesetzes betreffend die elektrischen Maßeinheiten" die Genehmigung, das Elektrische Prüfamt 59 (EP 59) zu betreiben. Damit wurden in Ulm die Voraussetzungen geschaffen, elektrische Messgeräte zur Messung von Arbeit und Leistung (Elektrizitätszähler) amtlich zu prüfen und zu eichen. Die Namen der drei beteiligten Institutionen haben sich bis heute mehrfach geändert. Aufgaben und Ziele sind jedoch gleich geblieben. Für die eichrechtlichen und technischen Vorgaben ist heute die Physikalisch- Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig zuständig. In Ulm und Neu-Ulm sorgt die Prüfstelle EA 50 als unabhängige Anlaufstelle in Fragen der Messtechnik für die Umsetzung der geltenden Richtlinien in der Messtechnik und somit für einen wirksamen Verbraucherschutz.
Autor: Uwe Pagel