Das neue Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist in Kraft getreten, jetzt heißt es für die Unternehmen der Energiewirtschaft schnell zu reagieren. Speziell für SAP-Anwender bietet die cronos-Unternehmensgruppe deswegen konkrete Hilfestellung. In Zusammenarbeit mit der Aachener FACTUR Billing Solutions GmbH und der Strategy & Marketing Institute GmbH, Hannover, hat cronos einen speziellen Unbundling-Fahrplan entwickelt. Mit diesem Fahrplan können Anwender von SAP IS-U/CCS ihr System in nur sechs Monaten Unbundling-konform machen. Die Umstellung erfolgt dabei in drei Schritten: Zunächst wird mit dem "Unbundling-Check" eine Ist-Aufnahme durchgeführt, auf deren Basis dann ein individuelles "Unbundling-Konzept" erstellt wird. Mit dem dritten Schritt, der "Unbundling-Realisierung", wird dieses Konzept organisatorisch und IT-technisch umgesetzt, inklusive der Einführung von IDEX-GE.
Unbundling-Check
Mit dem Unbundling-Check wird die Ausgangslage im Unternehmen systematisch analysiert. Das geschieht auf drei Ebenen: Auf der strategischen Ebene geht es zunächst darum, die bestehenden Konzepte zu sichten, die Rahmenbedingungen für das künftige Regulierungsmanagement zu stecken und die Umsetzungsmöglichkeiten unterschiedlicher Lösungsansätze zu diskutieren. Beispielsweise der Aufbau einer "Shared Service"-Organisation, mit der künftig der Netzbereich und die Lieferantenseite gemeinsam durch einen eigenen Dienstleistungsbereich betreut werden. Auf der Prozessebene werden zunächst die vorhandenen Abläufe und Prozessdokumentationen durchleuchtet und die möglichen Auswirkungen der Änderung bestehender oder der Einführung neuer Prozesse analysiert. Auf Ebene der IT schließlich werden zunächst die Anforderungen an das bestehende System erfasst. Zum einen muss hier geklärt werden, in welchen Bereichen bei einer Umstellung auf das Zwei-Vertragsmodell "Hand angelegt" werden muss. Aber auch die Implementierung eventuell fehlender oder noch nicht genutzter Komponenten wie IDEX-GE, EDM oder XI wird im Rahmen des Unbundling-Checks vorbereitet. Die Ergebnisse dieser kurzen Startphase werden in Form von Ergebnisprotokollen und Maßnahmenkatalogen festgehalten. Für die Umstellung der IT wird darüber hinaus bereits in dieser Phase ein konkretes Umstellungsszenario erarbeitet. Dabei kann das Ergebnis auch in einem mehrstufigen Gesamtfahrplan umgesetzt werden, der beispielsweise in einem ersten Schritt die Umsetzung der Unbundling-Konformität vorsieht, aber auch bereits geplante Funktionserweiterungen umfasst, die dann in weiteren Projektschritten realisiert werden. Sinn macht das, wenn etwa mittelfristig auch eine gesellschaftsrechtliche Entflechtung des Unternehmens angestrebt wird. Aber auch bei der Implementierung des elektronischen Datenaustauschs mit allen Marktpartner kann es unter Umständen besser sein, dies in mehreren Schritten zu realisieren, zunächst mit dem eigenen Händler, bevor das Verfahren für die Kommunikation mit allen Lieferanten in Produktion genommen wird.
Unbundling-Konzept
In dieser Phase geht es darum, Vorschläge für die konkrete Umsetzung des Unbundling zu entwickeln. Dabei steht nicht nur die rein organisatorische, sondern in erster Line auch die strategische Ausrichtung des Unternehmens zur Diskussion. Wie können beispielsweise die Transparenz und Steuerbarkeit des Unternehmens verbessert werden, wo entstehen neue Geschäftsfelder und –bereiche und wie können diese sinnvoll in die Gesamtstrategie eingebunden werden, so lauten einige der typischen Fragestellungen. Entschließt sich das Unternehmen zum Beispiel für den Aufbau einer eigenen "Shared Service"-Organisation kann es durchaus Sinn machen, eine solche Dienstleistung auch aktiv nach außen zu vermarkten. Aber auch die Chancen zu mehr Kundenorientierung oder auch intern zur Stärkung von Selbstverantwortung und Leistungsorientierung müssen in dieser Phase genauestens durchleuchtet werden. Schließlich gilt es, das Unbundling nicht als bürokratischen Akt zu begreifen, sondern als Möglichkeit, das Unternehmen grundlegend neu auszurichten und so seine Wettbwerbsfähigkeit im liberalisierten Markt nachhaltig zu stärken. Das kann unter Umständen zu einer kompletten Neupositionierung des Unternehmens führen. Auch dies ist in der Konzeptphase zu bedenken und gegebenenfalls entsprechend vorzubereiten.
Auf Prozessebene werden im Rahmen des Unbundling-Konzeptes gezielt die Unbundling-kritischen Prozesse wie Lieferantenwechsel, Hausanschlussverfahren oder Forderungsmanagement erfasst. Hier müssen gezielte Verfahrensanweisungen entwickelt werden, mit denen die vom Gesetzgeber geforderte Diskriminierungsfreiheit gewährleistet werden kann. So müssen im Rahmen des Hausanschlusses der eigene Lieferant und fremde Vertriebsorganisationen gleich behandelt werden. Das gilt aber auch für Routinevorgänge wie etwa den Umzug eines Kunden. Andere Prozesse, die bisher das gesamte Unternehmen betroffen haben, sind künftig nur noch für den jeweiligen Teilbereich relevant. So betrifft das Forderungsmanagement künftig in erster Linie nicht mehr das Gesamtunternehmen, sondern explizit den Vertrieb. Die Sperrung, bislang ebenfalls ein übergreifender Prozess, wird zur alleinigen Angelegenheit der Netzorganisation.
Im Bereich der IT-Organisation wird in dieser Phase ein ausführliches Pflichtenheft erstellt, dass die Grundlage für die anschließende Implementierung des Systems bildet. Dabei gilt es beispielsweise zu klären, wie groß die Unterschiede bei den Prozesskosten für das Zwei-Vertragsmodell im Unterschied zur Alternative des Zwei-Mandantenmodells liegen. Daneben müssen dezidierte Vorgaben für die Umsetzung entwickelt werden. Für die korrekte Umsetzung des Unbundlings werden in jedem Falle neben IS-U/CCS die Komponenten IS-U/EDM, IS-U/DIE und ISU/IDEX-GE benötigt. Im EDM werden dabei die Informationen zu Pofilwerten, zur Ermittlung von Mehr- und Mindermengen oder zur Abbildung der Bilanzierungseinheiten verwaltet. Über DIE wird dann der Datenaustausch mit den Marktpartnern gesteuert (XI), die Versorgungsszenarien abgebildet und der Lieferantenwechsel abgewickelt. IDEX-GE schließlich enthält die Vorkonfiguration auf Basis von VVII@SAP, das Unbundlings- und Berechtigungskonzept. Hier werden aber auch künftig notwendig werdende Funktionserweiterungen abgebildet. Im Rahmen der Konzeption muss sichergestellt werden, dass Mitarbeiter, die etwa im Call Center oder im Back Office beschäftigt sind, entsprechend ihrer Rolle keinen betriebswirtschaftlichen Vorteil aus der Einsicht in potenziell diskriminierende Daten ziehen können. Dabei ist die Sicht auf die Daten zum Hausanschluss oder zum Geschäftspartner, also zum Kunden, eher unkritisch. Initial fremdversorgte Kunden müssen jedoch beispielsweise über eine Geschäftspartner-Berechtigungsgruppe für den eigenen Vertrieb gesperrt werden.
Im Rahmen des Pflichtenheftes müssen zahlreiche Versorgungsszenarien detailliert beschrieben werden, um die Verteilung der Rollen zwischen Netz und Vertrieb und die damit verbundenen Zugriffsrechte festlegen zu können. Denn die Prozesse unterscheiden sich teilweise deutlich, abhängig davon, ob es sich um eine reine Lieferung, um die Netznutzung, die Vollversorgung oder die Ersatzbelieferung handelt. Gleiches gilt für den Rechnungsein- und -ausgang oder den Zahlungsprozess. Denn auch hier muss der eigene Lieferant im Prinzip wie ein fremder Vertrieb behandelt werden.
Unbundling-Realisierung
Der etwa dreimonatigen Konzeptionsphase folgt dann die ebenfalls dreimonatige Umsetzung, an deren Ende dann das Unbundling-konforme Unternehmen steht. Dabei verfolgt cronos den so genannten Coaching-Ansatz. Das bedeutet, die Mitarbeiter des Energieunternehmens werden intensiv geschult und die Lage versetzt, ihr gewonnenes Know-how auch an weitere Mitarbeiter weiterzugeben. Damit ist das Unternehmen mittelfristig selbst in der Lage, das System zu betreuen und kleinere Anpassungen in Eigenverantwortung umzusetzen. Denn auch die Dokumentation und das Customizing werden durch die eigenen Mitarbeiter umgesetzt. Das gewonnene Wissen bleibt so dem Unternehmen erhalten. In der Realisierungsphase werden die Konzepte nach einem genauen Projektplan umgesetzt. Auch hier wird das Rad nicht neu erfunden. So kommen beispielsweise die "Contract Conversion Services" der SAP AG im Bereich der IT-Umsetzung ebenso zum Einsatz, wie konkrete Organisations-Templates etwa für das Regulierungsmanagement. Damit verfügt das Unternehmen über einen kompletten Satz an Werkzeugen und Verfahrensregelen, die den künftigen Umgang mit der Bundesnetzagentur wesentlich erleichtern. Auch die Umsetzung des Zwei-Vertragsmodells erfolgt mit Hilfe eines automatisierten Verfahrens. Ein ganz wesentlicher Punkt des Unbundling-Fahrplans ist jedoch sicher auch die Umsetzung des strategischen Konzepts. Denn auf dieser Basis hat das Energieunternehmen die Chance, sich neu auf dem Markt zu positionieren und sich mit Blick auf die künftigen Veränderungen richtig aufzustellen – und damit das Unbundling im positiven Sinne als Herausforderung begriffen, und nicht als bloße Pflichtübung.
Autor: Uwe Pagel - Input für SAP-Info.net