Spagat zwischen Familie und Beruf - Wiedereinstieg nach Kinderpause
Traineeprogramm für hochqualifizierte Akademikerinnen
Ein typisches Beispiel für die Problematik: Akademikerin, geboren 1957, machte ihr Staatsexamen in Biologie und Chemie, promovierte in Biochemie mit dem bestmöglichen Abschluss, forschte neun Jahre lang an kanadischen Universitäten und steht nun nach einer Kinderpause mit einer exzellenten, akademischen Ausbildung ohne Arbeit da. Überqualifiziert lautet das vernichtende Urteil all zu oft. Und: nicht flexibel genug. Denn ein Punkt in der Bewerbung der meisten Frauen, die versuchen, Familie und Arbeit auf einen Nenner zu bringen, lässt viele Arbeitgeber zurückschrecken: die Frage nach einem Teilzeitjob. Eine Vollzeitbeschäftigung ist für diese Frauen undenkbar, die Haushalt, Kinder und Arbeit vereinen müssen und dabei nicht selten auch noch alleinerziehend sind. Die Problematik des eingangs zitierten Beispiels ist kein Einzelfall. Teilzeitstellen für qualifizierte Akademikerinnen nach der Babypause sind selten, nicht zuletzt deswegen sind 40 % aller Akademikerinnen in Deutschland kinderlos.
Einstiegshilfe in das Berufsleben
Das Ulmer Institut für berufliche Bildung fakt.ori bietet seit einigen Jahren Abhilfe mit einem Traineeprogramm für Akademikerinnen, das den Einstieg in den Beruf in Teilzeit erleichtern soll. Dabei bildet es die Frauen nicht nur weiter, sondern unterstützt sie darüber hinaus moralisch, sich auch mit ausbildungsfernen Brachen anzufreunden.
Im Oktober letzten Jahres fand sich zum 6. Traineeprogramm eine Gruppe von insgesamt neunzehn hochmotivierten Frauen zusammen, die mit Hilfe von fakt.ori ins Berufsleben zurückkehren wollen. Das speziell auf die Situation dieser Frauen hin ausgelegte Programm dauert zehn Monate. Pro Monat wird ein Unkostenbeitrag von 250 Euro erhoben, der je nach Bildungsguthaben vom Arbeitsamt übernommen wirdoder selbst finanziert werden muss. Bei einer Einstellung nach Beendigung des Kurses wird eine Erfolgsprämie von 1000 Euro fällig. Vier Schwerpunkte bestimmen den Inhalt des Kurses: Wirtschaftswissenschaft, Kommunikations-, Management- und Arbeitstechnik. Nach einem sechsmonatigem Theorieblock folgt ein vier Monate andauerndes Praktikum, das für das Unternehmen kostenneutral ist.
Kreativ und motiviert- selbstgegründete PR-Agentur pr-fakt.ori
Da Praxisnähe bei fakt.ori groß geschrieben wird, haben die neunzehn Teilnehmerinnen in dem Fach Public Relations beispielsweise eine eigene PR- Agentur gegründet, die unter dem Namen pr-fakt.ori die Ziele und Anliegen des Bildungsträgers, aber auch des Kurses selbst in der Öffentlichkeit vertritt. Mit Hilfe des Dozenten Uwe Pagels, Inhaber der Press´n´Relations GmbH Ulm, bearbeiteten sie vier verschiedene PR-Projekte und stellten diese heute am Internationalen Tag der Frau bei einer eigens organisierten Pressekonferenz vor.
Die Themen waren:
• "Think positive: und es geht doch!" Traineeprogramm des Instituts fakt.ori: Hohe Erfolgsquote spricht für sich
• Das Dilemma der Bildungsträger, Interview mit Volker Lehmann, Inhaber und Geschäftsführer von fakt.ori
• "Schwanger mit 15 - ohne Ausbildung - chancenlos?" Ausbildungsprogramm für junge Mütter, Interview mit einer Betroffenen
• "Durch die Blume zum Beruf "- einzigartige Umschulung für Floristinnen, Aussendung von Pressemitteilungen an Floristenfachzeitungen
Von der Ärztin, Geografin über die Kunsthistorikerin, Sozialpädagogin und Ernährungswissenschaftlerin bis hin zur Betriebswirtin, alle Akademikerinnen im Alter von 33 bis 47 Jahren arbeiteten mit Begeisterung und Elan drei Vormittage lang an den ausgesuchten Themen, fassten während dieser kreativen Arbeitsphase wieder Selbstbewusstsein und entdeckten sogar ungeahnte Talente in sich. Das größte Ziel ihrer Anstrengungen ist gewiss die Vermittlung in eine Teilzeitarbeit, aber ebenso die Überwindung ihres Handicaps: Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.
Der Erfolg spricht für sich: fast 90 % der Absolventinnen sind jeweils ein Jahr nach Beenden des Kurses in einer Teil- oder Vollzeitstelle beschäftigt. Manchmal gelingt es den Frauen sogar, sich ihren Arbeitsplatz selbst zu schaffen. Zu Gute kommt den berufserfahrenen Frauen nicht nur ihre "Hard skills", also ihre erworbenen, beruflichen Kompetenzen sondern auch ihre "Softskills", wie eine schnelle und flexible Reaktion auf unvorhersehbare Situationen, Zielstrebigkeit und natürlich auch gewisse Managementqualitäten. So schauen die neunzehn Frauen dieses speziellen Weiterbildungskurses mit großer Hoffnung und Erwartung auf ihr viermonatiges Praktikum. Immerhin haben schon 80% einen spannenden Praktikumsplatz in einem Unternehmen gefunden.
Autorin: Natascha Ziltz, Press´n´Relations GmbH