Unbundling: offensiv angehen, aber ohne vorauseilenden Gehorsam
Stadtwerke Ingolstadt halten sich mit Schleupen.CS alle Wege offen
Gesellschaftsrechtlich sind die Stadtwerke Ingolstadt schon seit 2001 entflochten. Nicht, weil man schon damals an das Thema Unbundling gedacht hätte, sondern weil man sich mit einer neuen Struktur fit für den liberalisierten Markt machen und gleichzeitig die Attraktivität für potenzielle Investoren steigern wollte. Daraus ergab sich ein echter Startvorteil, als es dann im vergangenen Jahr erstmals tatsächlich an das Unbundling ging. Denn so konnte man sofort an die Details gehen, an die sich andere Werke derzeit erst herantasten. Und dort steckt bekanntlich der Teufel - organisatorisch wie IT-technisch.
Beim Unbundling sollte man sich vor vorauseilendem Gehorsam hüten, der in der Folge nur Kosten verursacht. Vor allem sollte man keine Strukturen schaffen, die später angreifbar sind, beschreibt Dirk Fieml, Geschäftsführer der Stadtwerke Ingolstadt die Herausforderung. Trotzdem muss man sich dem Thema offensiv nähern, schon weil es gilt eine wirtschaftliche Lösung zu finden, die den rechtlichen Vorgaben entspricht, aber wo immer möglich Synergieverluste vermeidet. Vor diesem Hintergrund begann er schon bei seinem Amtsantritt im März 2003 das Thema bei den Stadtwerken Ingolstadt voranzutreiben. Nicht nur, um sich auf die absehbaren Anforderungen des Unbundlings umzusetzen. Wir wollten in erster Linie die Effizienz steigern und die Kosten senken, um so absehbaren Entwicklungen wie etwa dem Rückgang der Netznutzungsentgelte entgegenzuwirken. Gleichzeitig wollten wir uns aber auch an die Strukturen der MVV AG anpassen, die ja seit 2002 mit 49 Prozent an den Stadtwerken Ingolstadt beteiligt ist, um hier sauber funktionierende Schnittstellen zu schaffen, so Dirk Fieml zu den Zielen des Projektes.
Rein gesellschaftsrechtlich ist das Unbundling in Ingolstadt längst vollzogen. Unter dem Dach der Stadtwerke Ingolstadt Beteiligungen GmbH sind Tochtergesellschaften für die einzelnen Aufgaben entstanden, wie die Stadtwerke Ingolstadt Energie GmbH als Vertriebsgesellschaft und die Stadtwerke Ingolstadt Netze GmbH, die als Verteilnetzbetreiber fungiert. Darüber hinaus sind weitere Töchter für den Öffentlichen Nahverkehr, für den Betrieb der Freizeitanlagen, ein Telekommunikationsunternehmen sowie mit der reginova GmbH ein Dienstleister unter dem gemeinsamen Dach angesiedelt. Gesellschaftsrechtlich sah das schon sehr gut aus, aber rein funktional waren wir 2003 vom Unbundling weit entfernt, beschreibt Dirk Fieml die Situation. Beispiel Abrechnungssystem: Angesiedelt war die Abrechnung bei der Vertriebsgesellschaft, also im Wettbewerbsbereich, ebenso wie etwa die Zählerablesung. Aus Sicht des Unbundlings ein kritisierbarer Zustand, denn von Diskriminierungsfreiheit kann so natürlich keine Rede sein, beschreibt Dirk Fieml die Ausgangslage. Schrittweise begann man deshalb, die einzelnen Funktionsbereiche neu zuzuordnen. Die Holdinggesellschaft, die bis dato nur für Rechnungswesen, Personal und Controlling zuständig gewesen war, übernahm schrittweise weitere Aufgaben: zunächst den IT-Bereich und den Einkauf, später dann auch die Bereiche Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, die Abrechnung wird demnächst folgen. In den Töchtern blieben so nur die tatsächlich aufgabenbezogenen Bereiche wie etwa Energieeinkauf und -vertrieb in der Vertriebsgesellschaft oder die technischen Bereiche von der Planung über den Netzvertrieb und das Zählermanagement bis hin zum Energiedatenmanagement bei der Netzgesellschaft.
Es wurde sehr schnell klar, dass die Umsetzung des Unbundlings ohne Synergieverluste nicht möglich ist, so Dirk Fieml. Beispiel Vertrieb: Angedacht war in Ingolstadt, in der Vertriebsgesellschaft beispielsweise auch das Hausanschlusswesen abzuwickeln. Eine Überlegung, die schnell fallen gelassen wurde, weil sie mit ziemlicher Sicherheit mit der künftigen Regelung des Unbundlings unvereinbar gewesen wäre. Die Folge: neben dem Stromvertrieb wurde in der Netzgesellschaft ein eigener technischer Vertrieb aufgebaut, mit entsprechendem eigenen Personal. Auch wenn viele Unternehmen noch heute davon ausgehen, dass sie um solche Synergieverluste herumkommen: Diskriminierungsfreiheit und informatorisches Unbundling lässt sich oftmals nur umsetzen, in dem man gewisse Aufgaben jeweils gesondert besetzt und organisiert, so die Überzeugung von Dirk Fieml. Andere Bereiche lassen sich dagegen ohne weiteres auch als Dienstleistung organisieren, wie etwa die Zählerablesung und die Abrechnung. Wie die Regelungen letztendlich aussehen werden, ist nach wie vor unklar. Deswegen legen wir uns auch hier nicht fest und warten ab, bis die Vorgaben verabschiedet sind. Wichtig ist jedoch, dass wir kurzfristig reagieren können, so Dirk Fieml zum Vorgehen. In Sachen Abrechnung bedeutet das, sich alle Wege offen zu halten. Ob am Ende ein Ein-Vertrags-Modell mit entsprechendem Berechtigungskonzept die richtige Lösung ist, ein Zwei-Vertrags-Modell oder eine Umsetzung mit unterschiedlichen Mandanten ist Stand heute nicht entscheidbar. Wichtig für uns ist es, dass wir mit Schleupen.CS ein System im Einsatz haben, das nicht nur all diese Modelle unterstützt, sondern uns auch einen Wechsel des Modells ermöglicht, sollten sich die Vorgaben einmal ändern, so Fieml weiter. Welchen Weg man in Ingolstadt gehen wird, ist deswegen offen, eine entsprechende Lösung wird derzeit von einem eigens eingesetzten Team erarbeitet. Was für die Abrechnung gilt, gilt aber auch für andere Bereiche wie CRM oder Energiedaten-Management, in denen die Stadtwerke Ingolstadt ebenfalls auf die Branchenlösung Schleupen.CS setzen.
Auch wenn es derzeit noch nicht für alle Fragen des Unbundlings Antworten gibt, für Dirk Fieml war es die richtige Entscheidung, sich mit dem Thema frühzeitig und umfassend auseinander zu setzen. Dazu gehört es auch, die Mitarbeiter ins Boot zu holen. Wir erarbeiten derzeit beispielsweise Fragen- und Antwortkataloge für unsere Mitarbeiter, damit jeder weiß, was er antworten soll, wenn ein Kunde fragt, warum er bei ihm einen Netzanschluss bestellen kann aber keinen Strom. Das sind zwar Details, aber aus Kundensicht müssen wir hier klare Antworten geben, so Dirk Fieml. Vor diesem Hintergrund ist es für ihn auch nicht entscheidend, ob die Kunden künftig weiter eine Abrechnung bekommen oder ob Netz und Vertrieb getrennt abgerechnet werden. Wichtig ist, dass der Kunde die Rechnung versteht. Wir werden diesen Prozess in jedem Falle weiter vorantreiben, denn schließlich bietet das Unbundling auch große Chancen für ein Unternehmen, wie beispielsweise eine klare Kostentransparenz für das Management, klare Kompetenzregelungen, optimale Gestaltungsmöglichkeiten für die Geschäftsprozesse, aber auch neue Anreize für horizontale Partnerschaften und Zusammenschlüsse, so sein Fazit.
Autor: Uwe Pagel, exklusiv für Energie & Management
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