Was ist Energieeffizienz und was hat Stromsparen mit Umweltschutz zu tun? Für die Schüler der Freien Montessori Schule Berlin-Köpenick ist es ein Leichtes, diese Fragen zu beantworten. Denn sie haben die dreijährige Sanierung ihrer Schulgebäude im laufenden Betrieb – und damit hautnah – miterlebt. Die Kinder, ihre Eltern und das Lehrpersonal wurden regelmäßig darüber informiert, was auf der Baustelle passiert und welchen Sinn die Modernisierung hat. Das Bauvorhaben war auch immer wieder Thema im Unterricht, so dass sich die Kinder mit "ihrem" Projekt identifizieren und mit den Belastungen besser umgehen konnten. Allein schon durch diese nicht alltägliche, aktive Einbindung aller Betroffenen gilt das Vorhaben als vorbildliches Modellprojekt für eine Schulsanierung. Beeindruckend ist auch das Ergebnis der vor wenigen Monaten erfolgreich abgeschlossenen Baumaßnahme: Im Vergleich zum unsanierten Zustand kommen die fünf Altbauten aus den 1960-er Jahren jetzt mit 95 Prozent weniger Endenergie aus. Dieser Erfolg ist einerseits einem ganzheitlichen Planungsansatz zu verdanken. Zum anderen setzte das Bauteam auf diverse innovative Bauprodukte, um die Potenziale zur Energieeinsparung bestmöglich auszunutzen. Hierfür ermöglichte der Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung e.V. (BAKA) als ideeller Partner auch den Zugang zu einem Experten-Netzwerk aus Fachplanern, Energieberatern und Baustoff-Lieferanten. Auch die öffentliche Hand honorierte die ehrgeizigen Ziele des BAKA-Modellvorhabens: mit insgesamt 2,5 Millionen Euro Fördergeldern und damit 70 Prozent des Bauvolumens.
Die hinter der 2004 gegründeten Schule stehende Berliner Montessori-Stiftung erwarb im Jahr 2009 die Schulgebäude aus den 1960-er Jahren. Der Elternförderverein als Initiator schuf zusammen mit der Stiftung auf diese Weise die Möglichkeit, die Zukunft der Immobilie selbst in die Hand zu nehmen. "Bereits in den ersten Jahren des Bestehens hatten vor allem die Eltern unserer Schüler die Innenräume mit viel Engagement modernisiert und verschönert", berichtet Antje Heppelmann, die Geschäftsführerin der Freien Montessori Schule Berlin. "Dass das auf Dauer nicht ausreicht, war uns angesichts der exorbitant hohen und weiter steigenden Energiekosten jedoch klar. Ziel war es, die Gebäudehülle und Haustechnik energetisch so zu optimieren, dass wir mindestens 20 Jahre lang keinen Modernisierungsbedarf haben."
Nach Sicherstellung der Finanzierung und erfolgter Projektausschreibung machte sich das Bauteam, bestehend aus dem Architekten und Energieexperten Ulrich Zink, der KPI Planungsgesellschaft GbR, dem Bauleiter Ralf Bednarz und der Schul-Geschäftsführerin Antje Heppelmann an die Baukonzeption. Dieses sah in einem systemischen Ansatz die gesamte Gebäudehülle als Berechnungseinheit, und nicht wie oft nur eine Aneinanderreihung von Einzelmaßnahmen. So erfolgte die Berechnung und Optimierung der Energieeffizienzwerte bei den Bauteilen Dach, Fassade, Fenster und Keller, im exakten Abgleich mit der gesamten Gebäudetechnik. Das anspruchvolle Energieeffizienzkonzept war im Übrigen auch der Grund für die Bewilligung der Fördermittel. Denn nur durch den Nachweis einer besonders extremen Energieeffizienz (von 53 l/m²a auf 2,8 l/m²a/Qe im Vergleich zu Heizöl) wurden die Fördermittel bewilligt.
Auf Ebene der Gewerke wurde eine Reihe von innovativen Produkten und Bauverfahren eingesetzt, um die ehrgeizigen Sanierungsziele zu verwirklichen. Einige Beispiele: Als zentrales Heizsystem kam die neuartige, in den Bestandsestrich integrierte Fußbodenheizung "cuprotherm-MINI" der Wieland-Werke zum Einsatz. Die Wärmeenergie liefern ausschließlich zwei Wärmepumpen von Stiebel Eltron, welche die Heizungs- und Trinkwarmwasserversorgung komplett abdecken – für ein Objekt dieser Größe ungewöhnlich. Swegon, der Lieferant der Lüftungsanlage, nutzt das Bauvorhaben, um sein sogenanntes DCV-System einer bedarfsgerechten, kontrollierten Lüftung – einen fortschrittlichen skandinavischen Standard – hierzulande bekannter zu machen. Knauf als Spezialist für Gebäudedämmung ermöglichte für das Projekt per Sonderzulassung erhöhte Dämmstoffdicken für sein voll mineralisches Wärmedämmverbundsystem Warm-Wand Plus.
Im März 2011 fiel der Startschuss für die auf drei Jahre angelegte Sanierung. Durch diesen langen Zeitraum und die Sanierung im laufenden Schulbetrieb war eine Einbindung aller Betroffenen erfolgsentscheidend. "Wir organisierten zunächst eine Teamfahrt und Klausur mit allen Kollegen, um über das Projekt zu informieren und darüber zu sprechen, wie es in den Schulbetrieb zu integrieren ist", so Antje Heppelmann. "Es war uns sehr wichtig, alle Pädagogen mit an Bord zu haben, denn sie hatten ja die Hauptlast zu tragen". Dieses Konzept der frühzeitigen Einbindung von Lehrern und Schülern ging offensichtlich auf, auch unterstützt durch regelmäßige Infoabende für Eltern. "Alle Beteiligten haben sich mit Ideen eingebracht und gut mitgezogen, weil sie den Sinn der Maßnahmen verstanden haben und auch das Ziel des Projekts, Energiekosten zu sparen und gleichzeitig die Umwelt zu entlasten", sagt Antje Heppelmann.
Die Schülervertretung hat in Folge etwa die Baufortschritte fotografisch dokumentiert, um die Beteiligten zu informieren, zu sensibilisieren und zu motivieren, die lange Bauzeit mitzumachen. Im Unterricht selbst profitierten vor allem die Älteren Jahrgänge vom Bauprojekt – nicht nur in den klassischen umweltbezogenen Fächern wie Biologie, sondern auch, wenn es z.B. im Fach Politik um Facharbeiten zum Thema EU-Fördermittel ging. Hier konnten die Schüler auch mit der Schulleitung in Kontakt treten und sich am Beispiel des eigenen Bauprojekts informieren, wie eine solche Förderung in der Praxis funktioniert. In einem weiteren Projekt wurde ein halbes Jahr lang ein Werkstattunterricht mit den Klassenstufen 4 bis 6 abgehalten, um die Sanierung einzelner Bauabschnitte zu ermöglichen. "Diesen gemeinsamen Unterricht fanden die 75 Schüler gut und auch bereichernd. Und solche Maßnahmen haben mit Sicherheit zum guten Gelingen des Gesamtprojektes beigetragen", resümiert die Geschäftsführerin Antje Heppelmann.
Infokasten: Projektfinanzierung
Vor Baubeginn ging es zunächst darum, die Finanzierung für das Sanierungsprojekt auf sichere Beine zu stellen. Im ersten Schritt unterstützte Ulrich Zink mit seinem Architekturbüro Integra Planen und Gestalten GmbH die Freie Montessori-Schule Berlin-Köpenick bei der Antragstellung für die Fördergelder. Nachdem der positive Förderbescheid vorlag, konnte die Schulleitung sicher sein, dass insgesamt 70 Prozent der Baukosten gefördert wurden – über eine von der Berliner B.& S.U. mbH koordinierte Mischfinanzierung. Diese bestand aus EFRE-Mitteln der EU, Landesmitteln aus dem Umweltentlastungsprogramm (UEP) II sowie Fördermittelndes Bundes.
Projekt-Homepage Bauvorhaben Montessori Schule: www.koepenzeile.bakaberlin.de
Bautafel:
Bauherr: Freie Montessori-Schule Berlin, Köpenzeile 125, Berlin-Köpenick
Architektur Umbau: Integra Planen und Gestalten GmbH, Berlin
Thermische Bauphysik: Ulrich Zink, freier Architekt, Experte Energieeffizienz, Berlin
Bauleitung: Ralf Bednarz, BerlinTGA-Fachplanung: KPI Planungsgesellschaft GbR, Berlin
Weitere Informationen:
Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung e.V.
Ulrich Zink, Vorstandsvorsitzender
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