Wenn Autofenster zur Gefahr werden
Einklemmschutzsysteme von Mayser
Die klassische Handkurbel für das Seitenfenster bekommt man bei den meisten Automobilherstellern nicht einmal mehr auf besonderen Wunsch. Längst gehört auch bei Kleinwagen der elektrische Fensterheber zur Serienausstattung, zunehmend mit Automatikfunktionen. Ohne Sicherheitsmechanismen geht dabei jedoch nichts, denn jede Automatikfunktion birgt Risiken in sich. Schlagzeilen wie "Kind von elektrischen Fensterheben erwürgt" gehören gottlob nach wie vor zu den Ausnahmen, zeigen jedoch, wie wichtig ein effizienter und zuverlässiger Einklemmschutz ist. Nicht nur bei den Seitenfenstern Auch Schiebedächer oder hydraulische Heckklappen werden zunehmend automatisch bewegt. Zu den Pionieren in Sachen Einklemmschutz gehört die Mayser GmbH & Co. KG in Ulm. Schon seit 1993 beliefert man die Automobilindustrie mit Komponenten zur Absicherung elektrisch betriebener Fenster. Was zunächst für die BMW 7er-Reihe entwickelt wurde, kommt heute in zahlreichen Automodellen zum Einsatz, vom BMW X5 bis hin zum neuen Chrysler Voyager und zum Alfa 147.
Grundsätzlich gibt es derzeit zwei gängige Systeme, mit denen der Einklemmschutz (EKS) in Automobilen umgesetzt wird. Die eine Möglichkeit ist die des elektronisch kontrollierten Fensterhebers. Hierbei wird ständig die Kraft gemessen, die nötig ist um das Fenster zu bewegen, und bei Messung einer signifikanten Abweichung den Motor zu stoppen bzw. die Scheibe in diem Gegenrichtung in Bewegung zu setzen. Die zweite Möglichkeit ist der taktile Sensor. Seine Funktion ist vergleichsweise einfach: Entweder direkt in den Gummi der Fensterdichtung integriert oder in einem zusätzlich angebrachten Gummiprofil befinden sich zwei elektrisch leitende Flächen. Im Normalzustand sind die beiden Flächen voneinander isoliert. Wirkt jedoch eine Kraft auf das Profil, gerät also etwas zwischen Scheibe und Gummi, wird der Kontakt geschlossen, ein Strom fließt und die Automatik kann die Bewegung der Scheibe stoppen bzw. umkehren. Mayser setzte von Beginn an auf diese taktile Sicherung, denn sie bietet eine ganze Reihe von Vorteilen. Ein Kennzeichen ist die extrem kurze Reaktionsfähigkeit. Im Moment der auftretenden Gefahr schließt sich der Kontakt und die Sicherungsfunktion kann greifen. Zweiter wesentliche Vorteil des Systems: Es wird nicht von Störeinflüssen beeinträchtigt. Bei der elektronischen Steuerung des Fensterantriebs müssen solche Einflüsse über die Software abgebildet werden, beispielsweise Fahrbahnunebenheiten wie etwa Kopfsteinpflaster, die während der Fahrt für Krafteinwirkung auf die Seitenscheibe sorgen. Aber auch witterungsbedingte oder sonstige Einflüsse, können für Bremswirkungen sorgen und müssen klar von einem Gegenstand unterschieden werden, der zwischen Scheibe und Rahmen geraten ist. Noch komplizierter wird es bei anderen Anwendungsfällen, etwa bei der hydraulisch betriebenen Heckklappe. Den Unterschied zwischen einer mechanischen Ursache oder heftigem Wind, der die Bewegung bremst, dürfte softwaretechnisch kaum abzubilden sein. Der taktile Sensor dagegen funktioniert immer, denn er reagiert ausschließlich auf Berührung.
Bei Vergleichstests gab es für die taktilen Sensoren nicht nur aus diesen Gründen meist die besseren Bewertungen. Sie lagen in der Regel vorn, weil sie auch schon bei vergleichsweise geringen Belastungen reagierten. So löste die Sicherheitsautomatik beim Seitenfenster des BMW 728 schon bei einer Belastung von 34 Newton aus, und auch beim 5er BMW lagen die Werte beim Mayser-System noch deutlich unter 60 Newton. Damit reagierten die von Mayser gelieferten Systeme deutlich sensibler als die vieler anderer Hersteller. Und: sie lagen deutlich unter dem zulässigen Höchstwert von 100 Newton, also etwa 10 Kilogramm, die Obergrenze nach deutschem Recht. Mit den integrierten Systemen, wie sie Mayser beispielsweise für den Fiat Bravo/Brava oder für den neuen Alfa 147 liefert, lassen sich noch bessere Werte erreichen, so dass im Regelfall nicht einmal einem Hühnerei etwas passiert, sollte es zwischen Fenster und Rahmen geraten.
Neben dem Seitenscheibenbereich spielen andere Anwendungsgebiete, wie der bereits erwähnte Fall der hydraulisch betriebenen Heckklappe, eine immer größere Rolle. Schiebedächer, Schiebetüren für Vans, Türen von Bussen im Öffentlichen Nahverkehr, Mayser-EKS-Systeme sind heute für vielfältige
Einsatzmöglichkeiten ausgelegt. Das System kann je nach Einsatzort differenziert aufgebaut werden. Als Element mit sehr kleinem Durchmesser im Bereich der Seitenfenster oder mit größerem Querschnitt bei seitlichen Schiebetüren von Vans oder für die Turen von Bussen. Es wirkt gleichmäßig über die gesamte Länge und ist sehr einfach implementierbar. So liefert Mayser einerseits vollständig in die Dichtung integrierte Systeme, die nur noch in die Hohlräume eingezogen werden müssen, andererseits aber auch zusätzlich implementierbare Gummiprofile.
Wie zuverlässig die EKS-Systeme von Mayser funktionieren zeigt auch der neueste Erfolg auf dem amerikanischen Markt. Hier legt man zwar sehr viel Wert auf Komfort, automatisierte Systeme spielten aber bislang kaum eine Rolle, weder beim Fensterheber, noch bei anderen Anwendungsgebieten. Eine Tatsache, die nicht zuletzt auch im amerikanischen Schadensersatzrecht begründet sein dürfte, das bei Fehlfunktionen in der in der Regel dramatische Schadensersatzforderungen zur Folge hat. Mit dem BMW X5 und dem Chrysler Voyager gibt es jedoch jetzt auch Beispiele für ein Umdenken auf dem amerikanischen Markt. Sowohl die Seitenfenster beim X5 als auch die hydraulische Heckklappe des Chryslers sind mit Einklemmschutzsystemen von Mayser ausgestattet und zeigen, dass diese Systeme inzwischen auch für einen besonders sicherheitssensiblen Markt wie den amerikanischen geeignet sind.
Mit neuen Entwicklungen sichert Mayser heute auch Gefahrenbereiche, die früher nur schwer zu sichern waren. Der Griff von aussen durchs Fenster etwa. Denn während das Fenster beim Hochfahren innen direkt an Dichtung stößt, gibt es außen oft einen Überlappungsbereich - die Scheibe fährt an die Innendichtung vorbei. Wenn der Finger die Innendichtung nicht berührt, kann es trotz EKS zu Quetschungen kommen. Eine Gefahr, die durch neue Systeme, die speziell für diesen Fall ausgelegt sind, jetzt vermieden wird. Eine andere Problemzone sind die Bereiche, in denen starke Scher-Kräfte auftreten. Also beispielsweise bei den hinteren Seitenfenstern, bei denen die Zwischenräume zwischen dem Rahmen und den Schrägen des Seitenfensters nicht gleichmäßig schließen. Oder bei der Heckklappe, bei der im vorderen Bereich sehr schnell hohe Kräfte wirksam werden, ganz anders als im Bereich der Rücklichter, wo diese Kräfte zuletzt wirken, und wo eher die Trägheit der sich bewegenden Klappe zum Problem werden kann. Grundsätzlich bietet in diesen Problemzonen der taktile Sensor Vorteile, eben weil er sehr schnell anspricht. Das System stößt aber durchaus an Grenzen. Betrachtet werden muss nämlich der gesamte Reaktionszeitraum: die Auslösung durch den Sensor, der Impuls für die Steuerung und die Reaktion des Antriebs. Hier wäre es vorteilhaft, wenn man über Systeme verfügen könnte, diereagieren, bevor es zum Kontakt kommt. Auch hier gibt es unterschiedliche Ansätze. Einige Hersteller experimentieren derzeit mit Infrarotsensoren. Mayser hingegen setzt auf Ultraschall. Das Problem, das Ultraschallfeld genau auf den zu sichernden Bereich auszurichten, hat man bereits gelöst. Im Falle der Seitenscheibe ist das ein sehr schmales Profil, so dass Störeinflüsse etwa durch den Fahrer oder durch seine Bewegungen ausgeschlossen werden können. Mit dem selbstentwickelten Verfahren der Echo-Amplitudenmessung ist man aber noch einen Schritt weiter gegangen. So kann Mayser bereits heute mit einem Mikrocontrollersystem eine Echohüllkurve erzeugen, die alle charakteristischen Werte eines Bereichs abbildet. Weicht der gemessene Wert von der Vergleichskurve ab, kann das System sehr exakt erkennen dass hier ein Objekt in den Öffnungsbereich hineingeraten ist. Das Problem von Störstrahlungen, wie sie im Ultraschallbereich auftreten können, hat man damit im Griff. Und auch die ersten Praxistest sind erfolgreich verlaufen. Das System konnte dabei auch schon sehr unauffällig in Serienfahrzeuge integriert werden, ohne dass dazu Umbauten vorgenommen werden mussten. Die Ultraschallwandler wurden dazu einfach im Spiegelfreieck montiert, das in den meisten Fällen ausreichend Platz bot.